Leserbrief

"We shall overcome"

Im fairen Wettstreit kann man aus einer Niederlage Motivation schöpfen, wenn der Sieger den Respekt wahrt. Eine Demütigung hingegen hinterlässt ein Trauma, das der Unterlegene durch Vergeltung zu kompensieren sucht. Für Russland waren solche Momente die Bezeichnung als "Regionalmacht" und die NATO-Osterweiterung. China durchlebte seine Demütigung im "verlorenen 19. Jahrhundert".

Und auch die islamische Welt ringt um Emanzipation in einer globalisierten Welt. Wenn man Frieden will, stellt sich die Frage, welchen Weg er eröffnen soll. Voraussetzungen sind die Vermeidung von Schmerz, Nutzenmaximierung und Respekt. Die Schmerzgrenze ist bei dem, der für sich in Anspruch nimmt, Unrecht erfahren zu haben, größer. Da in der Spirale der Konfrontation beide Seiten zu Verlieren werden, bietet diese keinen Ausweg.
Für die nachhaltige Bewältigung der Klimakrise lässt die Hinauszögerung von Frieden Zeit und Ressourcen für alle schrumpfen. Sich zur Menschheit als Schicksalsgemeinschaft durchzuringen impliziert eine Aufwertung der Vereinten Nationen als Forum von Dialog und Ausgleich. Dies setzt voraus, einander auf Augenhöhe zu begegnen und Stärke am Willen zum Mit- und Füreinander zu bemessen. Ein Ja zum Leben bedeutet ein Ja an das Morgen. Ukraine, Taiwan, Palästina - es ist Zeit, die Geschichte zu bewältigen, an diesem Morgen und über Grenzen hinweg an sich selbst als neuem Menschen zu bauen.

Dr. Karl Pangerl, 4840 Vöcklabruck

Aufgerufen am 09.10.2025 um 08:32 auf https://www.sn.at/leserforum/leserbrief/we-162950653

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