Die Protagonisten der ÖVP attackieren derzeit mit großem Eifer Sozialminister Rudolf Hundstorfer, weil er das sogenannte Pensionsproblem nicht löst. Offenbar haben schwarze Strategen schlau erkannt, dass dieser Hundstorfer ein "Roter" ist. Und weil er unfähig sei, werden alle frohgemut die "Schwarzen" wählen.
Nur: Das "Pensionsproblem" gibt es nicht.
Es gibt zahlreiche "Pensionsprobleme".
Das "Pensionsproblem" Nummer 1 besteht in der Tatsache, dass seit Jahrzehnten eine falsche Sozialpolitik die Menschen früh in die Pension treibt, in der sie zwanzig, dreißig, manche vierzig Jahre verbringen. Dies obwohl das System unter der Annahme funktioniert, dass man zehn, vielleicht fünfzehn Jahre den Ruhestand genießt. 2,4 der insgesamt 8,4 Millionen Österreicher sind in Pension.
Fordert die ÖVP eine Kürzung der Pensionen? Sind alle 2,4 Millionen "Rote"? Will die ÖVP, dass alle Pensionisten die SPÖ wählen?
Das "Pensionsproblem" Nummer 2 besteht in der Tatsache, dass alle unter 59 nur mehr eine bescheidene Pension bekommen werden, außer sie arbeiten lange über das sogenannte Regelpensionsalter hinaus. Die Alternative lautet also brutal: Altersarmut oder Arbeiten bis 65 und länger.
Will das die ÖVP noch verschärfen? Oder weiß man im Strategie-Kammerl noch nicht, wie die vielen Pensionsreformen der letzten Jahre tatsächlich wirken? Sollen alle unter 59 die SPÖ wählen?
Bei den Reformen der vergangenen Jahre wurde die Angleichung des Pensionsantrittsalters der Frauen an jenes der Männer bis in das Jahr 2033 erstreckt. Dass diese Maßnahme vorgezogen werden muss, sollte allen Beteiligten klar sein. Somit verlangt die ÖVP in diesem Punkt eine vernünftige Korrektur, die auch der allgemeinen Forderung nach der Gleichstellung von Mann und Frau entspricht.
Nur, wie legt sie es an? Sie fordert die Angleichung und Hundstorfer stellt sich schützend vor die Frauen. Sollen alle Frauen, die nicht länger arbeiten wollen, die SPÖ wählen? Gibt es nicht eine Regierung, in der man diese Maßnahme gemeinsam beschließen könnte?
Das "Pensionsproblem" Nummer 3 wird in dem Politgerangel nur am Rande beachtet: Die nun wirkenden "Pensionsreformen" zwingen die Menschen länger zu arbeiten. Nur: Wie sollen sie länger arbeiten, wenn die Arbeitslosigkeit steigt, die Investitionstätigkeit zurückgeht, kurzum, Flaute herrscht und weder auf österreichischer noch auf europäischer Ebene eine wirksame Wachstumspolitik betrieben wird.
Pardon, natürlich, die Steuersenkung löst 2016 alle Probleme! Nur noch sieben Monate! Den "Schwarzen" sei Dank! Oder dem "roten" ÖGB? Oder der Gegenfinanzierung?
