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Lasst uns den Erfolg verbieten, dann herrscht endlich Ruhe

Ohne Internet und ohne Einkaufszentren, dann wäre die Welt endlich wieder in Ordnung! Oder doch nicht ganz?

Ronald Barazon

Durch die Hallen des EU-Parlaments und der EU-Kommission geistert eine eigenartige Idee: Man möchte Google verbieten. Da aber dieses Projekt doch irgendwie mit den vermeintlich liberalen Grundsätzen der Gemeinschaft schwer vereinbar ist, hat man sich zu einer anderen Gangart entschlossen. Google soll eine Strafe in der Höhe von über sechs Milliarden Euro zahlen.

Warum? Einfach und nicht im EU-Jargon formuliert: weil Google die erfolgreichste Suchmaschine ist. Im EU-Jargon ausgedrückt: Google wird von etwa 90 Prozent der Internetnutzer verwendet, also findet kein ausreichender Wettbewerb statt, also muss die Behörde einschreiten. Google bevorzugt bei den Suchvorgängen Informationen, die dem Konzern nützen, und benachteiligt daher andere. Das darf eine Privatfirma nicht, wenn sie den Markt dominiert.

Verbieten und bestrafen, das sind die europäischen Rezepte. Sollte kein Europäer in der Lage sein, eine viel bessere Suchmaschine zu entwickeln und im Wettbewerb mit Google den Markt zu erobern? Das ist unwahrscheinlich. Viel eher ist zu vermuten, dass der Geist des alten Kontinents die Menschen lähmt. Nicht zufällig fliehen zahlreiche, begnadete junge Leute in die USA.

Zu dem Bild passt die Entscheidung der Salzburger Landesregierung, die Erweiterung von erfolgreichen Einkaufszentren am Stadtrand zu verbieten. Man glaubt, auf diese Weise den Geschäften in der Innenstadt zu helfen.

Diese Argumentation ist in Salzburg besonders skurril. Zwei Beispiele: Der Europark ist als kleine Stadt konzipiert und das rege Treiben erinnert auch an eine Einkaufsstraße in Paris. Das Designer Outlet ist den berühmten Arcades von London nachempfunden.

Die Kaufhausbetreiber wissen, dass die Menschen ein urbanes Wohlgefühl suchen. Sie haben daher die Stadt neu geschaffen. Nur anderswo. Warum? Weil in der alten Stadt ein falsch verstandener Denkmalschutz Fassaden konserviert, hinter denen einst das Leben pulsierte und heute öde Stille herrscht. Weil die bestehenden Lokale zu klein für einen modernen Einzelhandel sind, aber ein Umbau verboten ist. Weil jeder Hauseigentümer hofft, doch den ultimativen Mieter zu erobern, und mit seinen Nachbarn nicht einmal spricht. Dabei kann eine Straße nur erfolgreich sein, wenn die Vermietung der Geschäfte koordiniert wird und ein vielfältiges Angebot entsteht.

Weil die Stadtverwaltung die Projektbetreiber so lange mit Vorschriften quält, bis sie entnervt aus der Stadt flüchten. Die Ausrede der Bremser lautet, man möchte die Schönheit der Stadt schützen. Ist eine Stadt schön, wenn sie zur Kulisse für Touristen degeneriert? Und: Dass kostbare, alte Bausubstanz mit modernen Funktionen harmonisch verbunden werden kann, ist tausendfach bewiesen. Die Bilder gleichen sich: Europa erstarrt, die Innenstädte erstarren, aber das Leben geht weiter, bei Google und außerhalb der Städte.