"Der Hut von Österreich! Gebt acht, es ist ein Fallstrick, uns an Östreich zu verraten!"
(aus "Wilhelm Tell" von Schiller)
Österreich hat 2014 ein Bruttoinlandsprodukt von 329 Milliarden Euro erwirtschaftet. Das ist ein stolzer Betrag, der sich auch international sehen lassen kann. Vor allem, weil auf jeden Einwohner 38.450 Euro entfallen.
Nur leider haben die Österreicher nicht allzu viel von dieser bemerkenswerten Leistung. Sie haben davon 49,9 Prozent, also die Hälfte, an den Staat abgeliefert. Und dieser fand damit nicht einmal das Auslagen: Die Aufwendungen entsprachen sogar 52,3 Prozent der Wertschöpfung, also entstand ein Defizit von 2,4 Prozent.
Nachdem die Steuersenkung gegenfinanziert wird, somit also keine Steuersenkung geplant ist, sondern eine Umschichtung, bleibt es bei den geschilderten Werten. Die Österreicher werden weiter die Hälfte der Wertschöpfung beim Staat abliefern.
Die Regierungsmitglieder sind neuerdings eifrig bemüht, von der Schweiz zu lernen. Bundeskanzler Werner Faymann begeistert sich für die eidgenössische Vermögensteuer und Finanzminister Hans Jörg Schelling möchte, dass die Bundesländer nach dem Muster der Kantone selbst Steuern einheben.
Gemeint kann aber wohl nur sein, dass diese Steuern zusätzlich gezahlt werden sollen, um die allerorten klaffenden Löcher zu stopfen, und dass also endlich mehr als die Hälfte abzuliefern sein wird.
Regierungsmitglieder haben eine Vorbildfunktion. Also sollten auch die Bürger von den Schweizern lernen. Diese haben sich, wie das eingangs erwähnte Zitat zeigt, von der österreichischen Fron befreit. Das könnte auch den heimischen Untertanen einfallen. Es geht nicht darum, den Hut des österreichischen Vogtes Gessler zu grüßen, aber 50 Prozent Steuern und Abgaben bilden auch eine Fron.
Vor allem, wenn in der Schweiz der vergleichbare Satz bei 33 Prozent liegt. In Österreich werden von den 38.450 Euro je Einwohner 19.186,55 an den Staat abgeliefert. Bestünden hier Schweizer Verhältnisse, wären es nur 12.688,50.
Der Gruß vor dem Gessler-Hut kostet jeden Österreicher, alle Babys und Greise mitgerechnet, 6498,05 Euro im Jahr.
Wartet man, bis ein österreichischer Wilhelm Tell seine Armbrust schultert und in einer hohlen Gasse auf einen Vogt wartet? Oder könnten die Vögte nicht nur Steuerideen importieren, sondern von der Schweiz lernen, wie man nicht die Hälfte der Wertschöpfung einer Volkswirtschaft für den Staat verwendet? Die Österreicher sind bescheiden, niemand träumt von 33 Prozent, aber deutlich weniger als 50 Prozent sollten selbstverständlich sein.
