Warum man sich vonseiten des Europaparlaments erst jetzt der Sache annimmt, obwohl das Monopol seit vielen Jahren existiert? Vermutlich sickert die Bedeutung des Internets für alle Lebensbereiche nur langsam ins politische Bewusstsein. Dass der Vorstoß, der jetzt gewagt wurde, dennoch seit längerer Zeit im Gespräch sein muss, zeigt nicht zuletzt der ungewöhnlich kurze öffentliche Diskussionsprozess. Im Hintergrund wurde offenbar eifrig verhandelt. Immerhin ließ sich im Frühjahr Sigmar Gabriel in der Rolle des deutschen Wirtschaftsministers in einem Gastbeitrag für die FAZ zu Spitzen gegen die Weltmacht aus den USA hinreißen und forderte erstmals öffentlich die Zerschlagung.
Doch welches Problem hat Europa mit Google? Die Suche im Internet ist zur Anlaufstelle Nummer eins geworden. Egal ob man Nachrichten, Wetter oder Fernsehprogramm wissen will oder ein neues Auto oder Haus sucht, die Google-Suche hilft mit passenden Ergebnissen. Auch wenn man sich unkompliziert über eine Krankheit informieren oder den Energieanbieter wechseln will, Google spuckt bereitwillig Informationen aus. Doch wer garantiert, dass die Reihung der Ergebnisse objektiv ist?
Google macht sich neben der Suche in immer mehr Geschäftsfeldern stark. Bei Bewertungen zum Beispiel, wenn man nach einem Hotel und Salzburg sucht. Auch wer eine Waschmaschine kaufen will, wird sofort mit den passenden Angeboten samt Preis und Anbieter versorgt. Dienste wie Google Mail, Maps für Navigation oder das kostenlose Office-Paket Google Docs sind ebenfalls weitverbreitete Anwendungen. Genauso wie das Betriebssystem Android und die dazu passenden Handys, Tablets und Notebooks. Dazu kommen das Engagement bei unzähligen Technologien abseits des klassischen Internets wie vernetzter Haustechnik, selbst fahrenden Autos, elektronischen Patientenakten oder ein möglicher Einstieg in den Energiemarkt.
Wenn wir in Zukunft also weiter gute und möglichst unbeeinflusste Entscheidungen treffen wollen, muss die Google-Suche objektive Ergebnisse liefern. Und dazu muss sie von allen anderen Aktivitäten des Konzerns getrennt sein. Dagegen wird sich Google wehren, denn das System befruchtet sich selbst, basiert es doch auf dem Datenaustausch zwischen Suche und anderen Diensten. Je mehr Punkte in dieser Datenreihe beobachtet werden können, desto treffsicherer ist das Endergebnis. Alle Hotels in Salzburg auflisten zu können ist gut. Zu wissen, welches die meisten Nutzer anklicken, schon besser, zu wissen, welches sie buchen, noch besser, was sie darüber schreiben und wie sie es bewerten, noch viel besser . . .
Google wird in der Auseinandersetzung damit argumentieren, dass man für den eigenen Erfolg nun bestraft werde. Das stimmt gewissermaßen. Und vermutlich wird man Europa vor die Entscheidung stellen: entweder das gesamte Paket unaufgeschnürt zu belassen oder schlechtere Suchergebnisse in Kauf zu nehmen. Und dann müssen wir uns, ohne mit der Wimper zu zucken, für die schlechteren Suchergebnisse entscheiden. Oder zählen Sie zu jenen Menschen, die tatsächlich jenes Restaurant für das beste halten, das der Bruder des netten Passanten betreibt, den sie nach dem Weg zur nächsten guten Gaststätte gefragt haben?


