SN.AT / Kolumne / Bits und Bites

Wo bleibt bitte die freie Wahl?

Das Streben nach der Maximierung des Gewinns treibt bunte Blüten. Vor allem im IT-Bereich.

Thomas Hofbauer

Der Drucker braucht neue Tinte. Zum Glück nicht zu oft, er würde einen glatt ins Armenhaus bringen. 66 Euro für ein Multipack XL mit je einer Patrone Schwarz, Cyan, Magenta und Yellow. Zusammen macht das 42 Milliliter Tinte und die kosten exakt gleich viel wie der Drucker selbst - samt erster Befüllung. 1500 Euro für einen Liter Druckertinte, um den Preis bekäme man auch edlen Champagner. Doch den mag der Drucker genauso wenig wie Patronen anderer Hersteller. Ein spezieller Chip auf jedem Tintenbehältnis verhindert das Auffüllen und das Verwenden von billigen Nachbauprodukten.

Verbrauchsmaterial ist das Geschäft und nicht das Gerät selbst. Nicht nur bei Druckern, sondern auch bei Kaffeemaschinen und Nassrasierern. Die Idee ist immer die gleiche. Die erste Anschaffung ist billig, die Freude meist groß. Doch ist die Startpackung Tinte, Kaffeekapseln oder Rasierklingen aufgebraucht, kommt der Nachkaufschock. Den verbietet man sich allerdings genauso rasch wie den Gedanken, sich von der Neuanschaffung gleich wieder zu trennen. Wer wirft schon einen neuen Drucker, den er noch dazu ganz mühsam installiert hat, gleich wieder weg? Oder die neue Kaffeemaschine, die auch der Clooney George hat? Denn auch die Originalkapseln von Nespresso muss man sich leisten wollen. Daher kämpft der Konzern wie die Hersteller von Druckern seit Jahren gegen konkurrierende Kaffeeröster, die in kompatiblen Behältnissen abfüllen. Mittlerweile munkelt man auch hier über ein System mit einem Chip auf jeder Kapsel, die den Nachbau unterbinden sollen.

Ziel aller Bemühungen ist immer, Kunden zuerst zu locken und dann über Jahre abzuzocken.

Doch was, wenn ein Gerät zwar kein Verbrauchsmaterial, aber hin und wieder eine Reparatur braucht? In diesem Fall geht Apple jetzt neue Wege. Wird der Home-Button am iPhone, der wichtigste und damit am häufigsten benutze Knopf, von einer unautorisierten Werkstatt getauscht, zeigt das Gerät den Fehler Nummer 53 an und lässt sich nicht mehr starten. Das ist neu seit dem Update auf iOS 9.1 Apple argumentiert, dass sich im Home-Button auch der Fingerabdruck-Sensor des Geräts befindet und durch einen Austausch der Sicherungsmechanismus des Geräts umgangen werden könne. In der Branche unterstellt man Apple allerdings Geschäftemacherei, vor allem auch deshalb, weil bei früheren Versionen des Betriebssystems durch einen derartigen Tausch nur die Funktion des Fingerabdruck-Sensors abgeschaltet wurde. Man wolle an den Reparaturen auch noch einmal kräftig mit verdienen, heißt es. Dass man bei einem unautorisierten Eingriff die Garantie verliert, gilt schon lange. Dass ein Gerät einen derartigen Eingriff diagnostiziert und sich dann selbst zerstört, das ist neu. Angeblich werden in den USA schon Sammelklagen gegen diese Praxis vorbereitet. Selbstverständlich gilt die Unschuldsvermutung. What else?