Dass Dinge ihren Namen haben, macht das Leben leichter. Man kann schon einmal "Dings" sagen, wenn einem nichts einfällt. Aber da wird dann falsch gedeutet und im Endeffekt nichts verstanden. Erst die Benennung der Dinge macht die Dinge. Und das macht den Menschen möglich, dass wir das Wesen der Dinge unterscheiden können. Hier tiefer zu dringen ins Philosophische sprengt freilich den Rahmen dieser bescheidenen Kolumne. Also machen wir's einfach: Wenn ein leckeres Eis keinen Namen bekommt, würde das Eis gar nicht existieren. Man hätte nichts zu schlecken. Gleiches gilt auch für Parfüm, Nagellack oder für Burger. Bei den Burgern tät es mich treffen. Die esse ich, wenn mir nichts anderes einfällt. Auf Eis und Parfüm und Nagellack könnte ich verzichten. Nun haben Sie recht, wenn Sie einwenden: "Eis" und "Parfüm" und "Nagellack" sind ja an sich schon Wörter. Die Benennung also ist erledigt. Da stimme ich zu. Im Allgemeinen. Aber mit dem Allgemeinen kommst du nicht aus, wenn du im Duty-free-Shop stehst vor bunten Wänden. Seit Platon und den anderen alten Griechen haben alle Dinge ihren Namen bekommen. Damit lässt sich aber nichts ausrichten, wo es von den Dingen viel zu viele gibt. "Roter Nagellack" reicht da also nicht. Dazu gibt es schon viel zu viel Rot. Also heißen Nagellacke "Amore At The Grand Canal" oder "Hot Spicy" oder "A Good Man-Darin Is Hard To Find". Letzteres passt gut. Weil ich bin eher kein Mann, der sich all diese Namen merkt. Dafür erinnere ich mich noch gut, als eine Eisfirma ihren Sorten einst die Namen der sieben Todsünden gab. Da regten sich Kirchen furchtbar auf. Mit Todsünden spielt man nicht und schon gar nicht schleckt man sie genussvoll weg. Nun erzählte jemand, dass es wieder ein Eis gibt, das "Rache" heißt. Obwohl das eine Todsünde ist, halt ich das für eine gute Idee. Es ist nämlich ein Zitroneneis. Das hat Süße, aber auch eine leicht bittere Note. Aufgeregt hat sich bisher noch niemand. Daraus schließe ich, dass sich selbst bei ungewöhnlichen Eissortennamen die Aufregung um eine Worterfindung abnutzt. Der bisher letzte Burger, den ich mir schmecken ließ, hieß übrigens "Sweet Wings". Es war eine schmackhafte Wahl. Zuvor hatte ich den "Beef Pilot" oder den "Super Fly" in Betracht gezogen. Und weil Sie als Leserinnen und Leser dieser Kolumne wissen, dass in Worten mehr steckt als bloß die Benennung von Dingen, ahnen Sie es: Ich aß die Burger in einem Restaurant auf einem Flughafen.
Im Duty-free-Shop werden Worte verkauft
Worte helfen uns, das Wesen der Dinge zu erkennen. Und manchmal erzählen sie unabsichtlich davon, wo wir uns befinden.

