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Acht Geschichten über Teamquartiere

Auch bei dieser EURO gilt: Was im Teamhotel passiert, bleibt im Teamhotel. Zumindest meistens.

Gerhard Öhlinger
Acht Geschichten über Teamquartiere
Acht Geschichten über Teamquartiere

1. Auf Wodka-Suche im Pinzgau (2008)

Russland gastierte bei der EM 2008 in Leogang. In den Zimmern des Krallerhofs wurden Alkoholika aus den Minibars entfernt. Dass die Volksschulkinder in Leogang unter anderem den Satz "Wo kann ich Wodka kaufen?" auf Russisch einlernten, soll damit nicht in ursächlichem Zusammenhang gestanden haben.

2. Schlaflos in Solothurn (1954)

Schlechte Reiseplanung beeinträchtigt die Titelchancen. Ungarn, WM-Favorit 1954, sparte sich einen eigenen Teambus, verpasste prompt wegen Verlängerung nach dem Halbfinale den letzten Anschluss zurück ins Hotel nach Solothurn. Als Puskas und Co. endlich heimkamen, raubte ihnen ein Volksfest vor dem Haus den Schlaf. Vier Tage später unterlag Ungarn im Endspiel sensationell gegen Deutschland.

3. Der Geist von Spiez (1954)

Gut ausgeschlafen waren hingegen die Deutschen, die mit Akribie schon vorher die ruhigste Unterkunft gesucht hatten. Die Führung des Hotels Belvedere in Spiez am Thuner See war ursprünglich wenig begeistert über die Fußballer als Gäste. Bis heute kommen Fußball-Nostalgiker, um dort zu übernachten, wo einst Fritz Walter schlief.

4. Cruyffs Nacktbadeparty (1974)

Durchwachte Nächte gab es bei den Niederländern 1974. Erst wegen ausgiebiger Feten im Hotel, dann wegen der langen Telefonate mit den Ehefrauen, die in detaillierten Presseberichten über Nacktbadepartys der Kicker mit der ansässigen weiblichen Dorfjugend aufgeklärt wurden. Der Aufdeckerreporter hatte sich als "Spätzlevertreter" eingeschlichen.

5. Bauer Harvey kassiert ab (1996)

Das Pressezentrum bei der EM 1996 in England errichtete der Deutsche Fußballbund 500 Meter vom noblen Hotel Mottram Hall auf einer Kuhweide. Deren Besitzer, ein Bauer namens Harvey, ging mit seinen Mietforderungen an die Schmerzgrenze - quasi die erste Lektion zum Thema "Was ist es uns wert?" für den damaligen Pressechef Wolfgang Niersbach, der dann als DFB-Präsident über die Sommermärchen-Affäre stolpern sollte. Highlight des Tages war für die Journalisten stets die Anfahrt von Teamchef Berti Vogts zur Pressekonferenz per Golfkart über die Wiese.

6. Wo bleiben die Fans? (2008)

Wo die Kicker residieren, lassen sich auch deren Fans nieder und kommen fortan immer wieder. So weit die graue Theorie. Ein Hotelier mit leeren Betten in Neustift im Stubaital, wo Spaniens Team untergebracht war, berichtete 2008 aus der Praxis: "Spanier sind nicht unsere Zielgruppe. Skifahren gehen sie daheim in den Pyrenäen, und im Sommer fahren wir zu ihnen statt sie zu uns."


7. Harte Strafe für nächtliche Ausflüge (1966)

Der spätere Teamchef Köbi Kuhn und ein Teamkollege gönnten sich bei der WM in England einen unerlaubten Ausflug aus dem Quartier mit zwei Damen. Die Schweizer Teamführung reagierte unerbittlich: Sie ließ die Ehefrauen der beiden Sünder einfliegen.

8. Spanische Scherben (1982)

Ein abgesagtes Testmatch Österreichs gegen eine lokale Auswahl - der Rasen war schlecht gemäht, auf dem Platz lagen Glasscherben - ließ vor der WM 1982 den betroffenen Bürgermeister in Asturien heiß laufen. Er rief die Bevölkerung zum Österreicher-Boykott auf und wartet seither auf die Begleichung seiner Schadenersatzforderung von 200.000 Schilling an den ÖFB.