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Frankreich könnte weibliche Berufsbezeichnungen erlauben

"Autorinnen" und "Lehrerinnen": Wenn die Academie francaise zustimmt, könnten solche Berufsbezeichnungen für Frauen in Frankreich künftig offiziell zum Wortschatz gehören. Bisher sperrte sich die altehrwürdige Sprachinstanz gegen eine "Feminisierung" der französischen Sprache. Das soll sich bei der Neuauflage des Französisch-Wörterbuchs ändern, das die Akademie derzeit herausgibt.

Eine Kommission unter Leitung der französischen Autorin und Literaturkritikerin Dominique Bona legt der Akademie am Donnerstag einen Bericht zu weiblichen Berufsbezeichnungen zur Abstimmung vor. "Der Academie francaise ist klar geworden, dass es eine große Not gibt: Wie benennt man Berufe, Titel, Dienstgrade und Funktionen von Frauen?", sagte Bona der Zeitung "Liberation".

In französischen Zeitungen oder in Stellenanzeigen der Arbeitsagentur Pole emploi sind Bezeichnungen wie "professeure" für Lehrerin oder "ingenieure" für Ingenieurin zwar längst üblich. Auch in Ländern wie der Schweiz oder Kanada hat man keine Berührungsängste.

In das offizielle Wörterbuch der französischen Sprache, über das die Academie francaise wacht, haben diese Begriffe allerdings bisher keinen Eingang gefunden. Noch 2014 betonte die Akademie in einer Stellungnahme zur "Feminisierung", sie sei gegen ein System, das Frauen "oft gegen den Willen der Betroffenen" Bezeichnungen wie "professeure" (Lehrerin), "recteure" (Rektorin) oder "auteure" (Autorin) aufzwinge.

Dies seien "wahre Unworte", wetterte die Akademie. Die Beispiele stünden den "allgemeingültigen Regeln der Ableitung entgegen", obwohl es im Französischen üblich ist, dass die feminine Form wie in den genannten Fällen schlicht durch das Anhängen des Buchstaben "e" entsteht.

Das bisher gültige Wörterbuch des Französischen von 1932-35 legt zudem nahe, dass Frauen in bestimmten Berufen nicht vorgesehen sind. So wird etwa eine "ambassadrice" nicht als Botschafterin definiert, sondern als "Gattin eines Botschafters" - mit dem Beispielsatz "Die Frau Botschafterin bittet Sie für Dienstag zum Diner." Analog handelt es sich bei einer "prefete" nicht um eine Präfektin, sondern um die "Ehefrau eines Präfekten".

Auch bei höheren Ämtern war die Akademie bisher eindeutig: Sie verurteilte Ausdrücke wie "Madame la ministre" für eine Ministerin, mit dem weiblichen Artikel. Korrekt heiße es: "Madame le ministre", mit dem männlichen Artikel. Viele französische Ministerinnen unterwarfen sich dieser Sprachregel.

Die 1635 von Kardinal Richelieu gegründete Gelehrtengesellschaft zeichnet sich durch großes Beharrungsvermögen aus. So hat sie es in knapp vier Jahrhunderten auf gerade acht Wörterbücher gebracht - die neunte Auflage ist seit 33 Jahren in Vorbereitung. Die deutsche Duden-Redaktion arbeitet deutlich schneller: Sie hat seit 1880 insgesamt 27 Auflagen geschafft.

Für übergroße Hast sind die 36 "Unsterblichen" nicht bekannt, wie die auf Lebenszeit ernannten Sprachpäpste in Frankreich heißen. Unter den größtenteils stark ergrauten Mitgliedern sind fünf Frauen.

Zu ihnen zählt auch die Reformerin Bona, seit 2013 Mitglied der Akademie. Die 65-Jährige ist ebenfalls nicht als Umstürzlerin bekannt. Sie nennt einen ganz einfachen Grund für ihre Initiative: "Der gute Sprachgebrauch ist eben nicht mehr derselbe wie zur Zeit Richelieus."

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