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Jüdisches Museum ehrt Fotografen Kurt Klagsbrunn

Er stammte aus Floridsdorf und wurde zu einem der zentralen Chronisten Brasiliens: Kurt Klagsbrunn. Das Jüdische Museum Wien ehrt nun den vor 100 Jahren geborenen Fotografen, der 1938 mit seiner Familie vor den Nazis nach Südamerika emigrieren musste. "Das Auge Brasiliens" lautet der Titel der Schau, die auf einem Teil des Klagsbrunn-Nachlasses beruht, der dem Museum vom Neffen übergeben wurde.

Das thematische Spektrum der gezeigten Arbeiten reicht dabei vom Aufbau Brasilias über die Fußballmeisterschaft 1950 bis zu Alltagsszenen. Drei Jahrzehnte ab 1939 dokumentierte der Autodidakt Arme auf der Straße ebenso wie die Reichen auf der Rennbahn, Prominente wie Orson Welles oder Evita Peron ebenso wie Schuhputzer aus Rio de Janeiro.

Der Fokus der Schau in Wien liegt allerdings auf den Jahren in Europa vor der Emigration, hat doch Klagsbrunn-Neffe Victor, selbst Volkswirtschaftsprofessor, diesen Teil des Nachlasses dem Museum überantwortet. Rund 1.500 Objekte umfasst dieses Wiener Konvolut, das nicht nur Fotos beinhaltet, sondern auch Archivalien wie einen Führerschein, den Studentenausweis oder Werbematerial der Klagsbrunn-Firma.

So war der am 6. Mai 1918 geborene Kurt Klagsbrunn Sohn eines wohlhabenden Kohlehändlers und hätte eigentlich Mediziner werden sollen. Durch die Flucht wurde jedoch aus dem Hobby der Fotografie ein Beruf. Klagsbrunn arbeitete sich in seiner neuen Heimat als Autodidakt zu einem der wesentlichen Porträtisten der Zeit hoch. Seiner und der Geschichte der Familie setzte Erich Hackl 2014 mit einer Erzählung im Band "Drei tränenlose Geschichten" ein Denkmal.

Und auch die Ausstellung füge sich nun nahtlos ins Bestreben des Jüdischen Museums ein, das Leben von Wiener Familien vorzustellen, die die Hauptstadt bis zur Machtübernahme der Nazis 1938 zentral mitprägten, unterstrich Direktorin Danielle Spera am Dienstag bei der Präsentation der kleinen Schau.

Die Verbindung zwischen Wien und Victor Klagsbrunn stellte die Kulturjournalistin Uli Jürgens her, die in Brasilien bei der Erstarchivierung eines Teils der Bestände half. Rund 250.000 Negative befinden sich jetzt noch im Sommerhaus des 2005 gestorbenen Fotokünstlers. Nach Möglichkeit sollen diese auch in Brasilien verbleiben. "Das ist Teil der brasilianischen Geschichte", verlieh Victor Klagsbrunn seiner Hoffnung Ausdruck, eines Tages in seinem Heimatland ein Museum für den Bestand zu finden. Zugleich freue er sich als Neffe nun ungemein über die Wiener Ausstellung: "Das ist die Geschichte einer Generation, die viel gelitten hat und die wir wieder ins Leben bringen."

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