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"Wo Dinge wohnen": Phänomen Selfstorage im Wiener MUSA

Entrümpeln liegt dank der japanischen Aufräumberaterin Marie Kondo im Trend. Während die Bestsellerautorin ihren Kunden empfiehlt, große Teile ihres Besitzes zu entsorgen, nutzen immer mehr Menschen die Möglichkeit, Dinge in sogenannten Selfstorages zu lagern. Diesem Phänomen, das auch in Wien in den vergangenen Jahren stark gewachsen ist, widmet sich das Wien Museum in einer neuen Schau im MUSA.

Wien Museum-Direktor Matti Bunzl
Wien Museum-Direktor Matti Bunzl

Wobei bei der Themenwahl eine gewisse Selbstreferenz auf der Hand liegt: Das Ausstellungshaus am Karlsplatz, das seit Anfang Februar wegen des bevorstehenden Umbaus geschlossen ist, ist nämlich derzeit selbst damit beschäftigt, seine Sammlung zu verpacken und ins Lager zu schaffen. "Da stehen unglaublich viele Kisten herum, die eingeräumt werden und dann in unser Selfstorage geliefert werden, nämlich in unser Depot in Himberg", berichtete Wien Museum-Direktor Matti Bunzl bei der Pressekonferenz anlässlich der Eröffnung der Ausstellung "Wo Dinge wohnen. Das Phänomen Selfstorage" am Mittwoch. "Wegwerfen ist für uns aber keine Option", betonte Kuratorin Martina Nußbaumer scherzhaft.

Während der Schließzeit wird das MUSA, das seit 2018 zum Wien Museum gehört und sonst Wiener Gegenwartskunst zeigt, auch für kulturhistorische Ausstellungen genutzt. Das MUSA wurde dafür adaptiert: In dem Museum neben dem Rathaus gibt es nun einen kleinen Shop und ein Cafe. Ist der MUSA-Besuch üblicherweise gratis, gibt es für die Ausweichprojekte des Wien Museums spezielle Tarife: Eine Vollpreiskarte kostet 7 Euro, ermäßigte Tickets 5 Euro.

In der Ausstellung werden sechs Menschen und ihre Schätze, die sie in verschiedenen Lagerräumen in Wien verstauen, porträtiert. Der Ausstellungsraum wurde in Anlehnung an ein Containerlager konzipiert. Abteile aus weißem Wellblech bilden die Lagerstätten der sechs porträtierten Menschen mitsamt einem Teil ihrer Besitztümer nach.

In Wien wurde der erste Selfstorage (von "Self Service Storage"), also Lagerräume, die angemietet werden können und fast rund um die Uhr zugänglich sind, 1999 "mit einer bescheidenen Fläche von 195 Quadratmetern" eröffnet, erzählte Peter Stuiber, der die Schau gemeinsam mit Nußbaumer kuratiert hat. Mittlerweile gibt es rund 15 Anbieter am Wiener Markt, die insgesamt geschätzt 95.000 Quadratmeter Lagerfläche an 60 Standorten anbieten.

Die langen Korridore mit verschlossenen Türen, die auf Fotos in der Schau abgebildet sind, machen neugierig darauf, was sich dahinter verbirgt. In der Ausstellung, für die zumindest sechs Mieter ihre Depots geöffnet haben, kann diese Neugier ein bisschen befriedigt werden. Zu entdecken gibt es etwa die Kleidersammlung von Renata Werdung, die ihre knapp drei Quadratmeter Lagerfläche als begehbaren Kleiderschrank nutzt und dort Abendkleider aus 30 Jahren Opernballbesuchen verstaut. Eine Modedesignerin verwahrt alte Schnittmuster, ein Komponist Audioaufnahmen und Manuskripte und eine Frau unter anderem altes Kinderspielzeug mit der Hoffnung, es an künftige Enkelkinder weitergeben zu können.

Die externen Lager regen auch die Fantasie von Filmemachern an. "Da hat der Selfstorage so ein bisschen den Keller abgelöst", sagte Nußbaumer. Eine Auswahl an Filmausschnitten von "Das Schweigen der Lämmer" über "Tatort" bis zu "Breaking Bad" zeigt, wie die Lagerräume als Ort des Schreckens, überraschender Funde oder als Zufluchtsort inszeniert werden.

Die "Häuser für Dinge", etwa das wuchtige "My Place"-Gebäude am Gaudenzdorfer Gürtel oder zuplakatierte Lagerräume in Erdgeschoßlokalen, sind auch Anlass für Debatten um das Stadtbild. Dieser Frage wird zwar leider nicht in der Ausstellung selbst nachgegangen, sie wird aber in einer Begleitveranstaltung am 28. März diskutiert. Die Schau, die am Donnerstag eröffnet wird, läuft bis 7. April.

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