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"Cousteau": Von Haien, Menschen und Eisbergen

Tauchlegende Jacques Cousteau war eine zwiespältige Figur. Ein spektakulärer Film erzählt sein Leben nach.

Er war ein Verführer, ließ sich von der Ölindustrie sponsern, und benutzte seine Familie als Staffage für seine Tauchfilme: Abenteurer Jacques Cousteau (gespielt von Lambert Wilson) war in der Öffentlichkeit ein Held, privat gab es Konflikte mit seinem jüngeren Sohn (Pierre Niney) und seiner Frau (Audrey Tautou). Bis Cousteau seine Bekanntheit dafür nutzte, um auf die Gefährdung der Weltmeeere hinzuweisen: "Jacques - Entdecker der Ozeane" schildert die komplizierte Persönlichkeit der Tauchlegende. Ein Gespräch mit Regisseur Jerôme Salle und Darsteller Niney.

SN: Was wussten Sie vor dem Film über Jacques Cousteau?
Jerôme Salle: Als Kind habe ich, wie alle aus meiner Generation, Cousteau verehrt. Aber als ich meinen Kindern von ihm erzählen wollte, wussten die nicht, wer er ist. "Na, der Typ mit der roten Mütze!" Und als ich zu recherchieren begann, wurde mir erst klar, wie komplex seine Geschichte ist. Ich kannte nur den Cousteau der letzten zwanzig Lebensjahre, da war er schon eine Leitfigur der Umweltbewegung. Ich wollte erzählen, wie er dazu wurde.

SN: Der Film beginnt mit dem tödlichen Flugzeugunglück seines Sohnes Philippe. Warum?
Ich wollte ja keinen Wikipediaeintrag verfilmen, also hab ich einen persönlichen Zugang gesucht, und die Beziehung zwischen Vater und Sohn hat mir erlaubt, eine Entwicklung zu zeigen. Siestammten aus zwei sehr unterschiedlichen Generationen, und ich denke, dass Philippe Jacques wirklich geholfen hat, die Gegenwart zu verstehen.

SN: Pierre Niney, wie haben Sie sich auf die Rolle des Sohnes vorbereitet?
Pierre Niney: Ich hab natürlich viele der Filme angeschaut, vor allem jene, bei denen Philippe mitspielt oder Regie geführt hat. Er spielte damals eine wichtige Rollen an Bord der Calypso (des legendären Cousteau-Forscherschiffes, Anm.) und in der Cousteau-Gesellschaft, aber er stand immer im Schatten dieses brillanten, charismatischen Vaters. Ich hab zur Vorbereitung die alte Crew der Calypso getroffen, sowie Philippes Witwe Jeanne, die mir auch von privaten Konflikten innerhalb der Familie erzählt hat.

SN: Zum Teil hat die Cousteau-Geschichte damals ja an der Öffentlichkeit stattgefunden. Was davon wussten Sie?
JS: Was Jacques in seinen Filmen über sich erzählt, ist ja nur ein kleiner Aspekt. Er hat sehr darauf geachtet, dass sein turbulentes Privatleben nicht bekannt wurde, ich hatte nicht gewusst, dass er ein Womanizer war, und wie kompliziert die Beziehung zu seiner Frau und seinen beiden Söhnen war.

PN: Ich wusste nicht, dass erst Philippe seinem Vater das Umweltbewusstsein nahe gebracht hat. Und ich fand den Widerspruch spannend, dass Cousteau sich über lange Zeit von der Ölindustrie finanzieren hatte lassen. Das weiß heute kaum noch jemand.

SN: Was seine Filme betrifft, war Cousteau im Grunde seiner Zeit voraus, hat er doch so etwas wie RealityTV erfunden, und sich selbst zur Marke gemacht, nicht wahr?
JS: Das ist richtig. Cousteau war ein Mann des 20. Jahrhunderts, was seinen anfangs rücksichtslosen Eroberergeist betrifft, aber auch das Wesen seiner Bekanntheit. Er ist letztlich eine Popkulturikone, weil er sein öffentliches Image gezielt formte und einsetzte, und dabei auch seine Familie und seine Crewmitglieder benutzte. Cousteau hat verstanden, dass die Leute nicht Filme über Fische sehen wollen, das ist ihnen egal. Sie wollen Filme sehen über Menschen, die unter Wasser Abenteuer erleben.

SN: Die Dreharbeiten waren vermutlich sehr langweilig?
PN: Total, ja. Wale, Delphine, Eisberge in der Antarktis, pfff, ständig quer über die Welt reisen - ich wär echt lieber daheim geblieben, auf der Couch. Aber im Ernst, es war fantastisch. Das Schönste war das Tauchen mit den Haien, vor denen ich riesige Angst gehabt hatte. Es ist die friedlichste Erinnerung an den Dreh. Wirklich schlimm war nur der Sturm in der Antarktis. Wenn du sowas durchlebst, hast du es echt verdient, die Antarktis auch bei ruhigen Wetter zu sehen, das fühlt sich an wie eine Wiedergeburt.

SN: Hat dieser Film Sie verändert?
JS: Wir haben die ganze Erde für diesen Film fotografiert und bereist. Das hatten wir ganz zu Beginn entschieden, wenn wir diesen Film machen, dann richtig, mit echten Fischen und möglichst ohne Animation. Und das ist uns gelungen, bis auf die erste Tauchszene im Mittelmeer. Denn so, wie die Unterwasserwelt damals in den Vierziger Jahren in dieser Gegend war, so vielfältig und bunt, existiert sie nicht mehr, wir mussten die meisten Fische per Computer einfügen. Das ist symbolisch für das Problem, um das es im Film geht: Es ist ein Paradies, das unwiederbringlich verloren ist. Cousteau sagt: "Du beschützt, was du liebst". Und ich denke, ich liebe unseren Planeten, jetzt noch mehr als zuvor. Ja, das hat mich verändert.

Film: Jacques. Biopic, Frankreich 2016. Regie: Jerôme Salle. Mit Lambert Wilson, Audrey Tautou, Pierre Niney. Start: 16.12.

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