In den 1970er-Jahren verbrachte der britische Superstar hier eine seiner kreativsten und vielleicht auch glücklichsten Zeiten. "In dieser Stadt kann man sich leicht verlieren, man kann sich aber auch selbst wieder finden", sagte er einmal.
Bowie war 1976 an einem Wendepunkt seines Lebens in die Stadt gekommen. Nach einem kometenhaften Aufstieg in den USA und dem Zerwürfnis mit seinem Manager war er ausgebrannt, kokainsüchtig und pleite. Die Anonymität der Großstadt, die Spannung im geteilten Berlin mit seiner quirligen Kreativszene gaben ihm neuen Halt. Die berühmte "Berliner Trilogie" mit den Alben "Low" (1977), "Heroes" (1977) und "Lodger" (1979) entsteht. "Erstmals seit Jahren empfand ich Lebensfreude und ein großartiges Gefühl der Befreiung und Heilung", sagte er später.
Angefangen hatte es mit einem kalten Entzug in der Wohnung von Tangerine-Dream-Gründer Edgar Froese. Später zieht er mit seinem US-Freund Iggy Pop in einen unscheinbaren, etwas heruntergekommenen Altbau im West-Stadtteil Schöneberg, Hauptstraße 155. Eine WG klappt nicht - angeblich, weil der lebenshungrige Iggy sich allzu großzügig an den Lebensmittelvorräten aus dem Edelkaufhaus KaDeWe bedient.
Aber in Nachbarwohnungen sind die beiden unzertrennlich. Die nahegelegene Schwulenkneipe "Anderes Ufer", das österreichische Restaurant "Exil" in Kreuzberg und der Avantgarde-Schuppen "Dschungel" werden regelmäßige Anlaufstellen. Eine enge Beziehung entwickelt sich auch mit Nachtclub-Legende Romy Haag. "Davids Freundschaft war das Licht meines Lebens", twitterte der heute 68-jährige Iggy Pop am Montag.
Der wohl wichtigste Ort jedoch wird das Hansa Studio in der Nähe der Potsdamer Platzes, in dem mit dem begnadeten Toningenieur Eduard Meyer unter anderem "Heroes" entsteht. Die Mitarbeiter dort sind von der Todesnachricht tief getroffen. Man habe von der Krebserkrankung Bowies nichts gewusst, allenfalls Gerüchte gehört, heißt es.
Auch Thilo Schmied, der seit Jahren Touristen durch den Meistersaal des Studios und zu anderen Bowie-Orten in der Hauptstadt führt, kann seine Trauer nicht verbergen. Für ihn sei der Musiker vielleicht der größte lebende Popkünstler gewesen, sagt er mit Tränen in den Augen. "Den wirst du nicht kopieren können. Und es wird wahrscheinlich auch in 50 oder 100 Jahren noch Bands geben, die sich auf ihn beziehen."
In seinem legendären "Heroes"-Lied hatte Bowie ein Liebespaar besungen, das sich an der Mauer unter den Schüssen vom Wachturm küsst, "als könnte nichts geschehen". Damit habe der Musiker Berlin den bis heute wohl größten Hit der Stadtgeschichte geschenkt, sagte Berlins Festspiele-Chef Thomas Oberender. Er hatte sich dafür eingesetzt, die erfolgreiche Bowie-Ausstellung des Londoner Victoria and Albert Museum 2014 auch im Berliner Martin-Gropius-Bau zu zeigen - "unser Geschenk an ihn".
Kurz zuvor war Bowie zumindest in Gedanken nochmals selbst nach Berlin zurückgekehrt. Nach zehnjähriger Plattenpause erschien zu seinem 66. Geburtstag die Single "Where Are We Now", in der er melancholisch alte Zeiten an Potzdamer Platz (mit z!), KaDeWe und Bösebrücke besingt. "Just walking the dead" heißt es da schon in einer Schlusszeile - etwa: Nur dem Tod entgegenschreiten.
Zu Bowies 69. Geburtstag hatten Berliner Fans noch am Freitag eine Party zu seinen Ehren veranstaltet. Im Meistersaal des Hansa Studios feierten sie die Veröffentlichung des neuen Albums "Blackstar". "Happy birthday, Mister Jones" sangen sie auf den Geburtsnamen des Rock-Heros. Toningenieur Eduard Meyer hoffte noch auf ein Wiedersehen zum Siebzigsten. Dass es Bowies letzter Geburtstag sein sollte, war bei der ausgelassenen Party nicht zu spüren.