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Lia Pale: "Fühle mich auf der Bühne nackt"

Die Jazz-Durchstarterin Lia Pale präsentiert am Dienstag ihr neues Album "My Poet's Love". "Wir fahren eine Adult-Pop-Klassik-Jazz-Schiene".



Sie gehört zu den aufstrebenden Sängerinnen der heimischen Szene, die sich zwischen Jazz und Kunstlied verortet: Lia Pale. Die 27-Jährige präsentiert am Dienstag im Porgy & Bess ihr zweites Album "My Poet's Love" mit Texten von Rilke und Heine. Dafür hat sie nach der Jazzversion von Schuberts "Winterreise" erneut mit dem einstigen Vienna-Art-Orchester-Mastermind Mathias Rüegg zusammengearbeitet.

Die quirlige Oberösterreicherin spricht über ihre Abneigung, sich als Jazzsängerin zu klassifizieren, die Parallelen einer Geburt und eines Livekonzerts sowie das Gefühl, nackt auf der Bühne zu stehen.

Würden Sie sich selbst als Jazzsängerin bezeichnen?

Pale: Das Ding ist, dass ich mich selbst nicht als Jazzsängerin sehe und eigentlich nie viel Jazz gesungen habe - auch wenn ich eine unglaubliche Leidenschaft dafür habe. Ich sehe mich einfach als Sängerin. Auch unsere Songs sind eigentlich an der Schnittstelle vieler Stile angesiedelt. Natürlich verwenden wir viele Farben und Rhythmik vom Jazz, aber die Struktur der Songs kommt teils von der Klassik. Wir fahren eine Adult-Pop-Klassik-Jazz-Schiene.

Ist es nicht zugleich so, dass man sich als Sängerin im "Jazzartigen" mehr öffnen muss denn als Popsängerin?

Pale: Ich habe nie die Erfahrung gemacht, wie es im Popbereich mit Lichtern und nackten Männern auf der Bühne ist. Aber was ich an Jazz und seiner Geschichte liebe, ist die Intimität. Und genau das macht einem auch am meisten Angst, weil man so verletzlich ist. Ich fühle mich auf der Bühne komplett nackt. Wenn ich mir das Album anhöre, fühle ich mich nackter als am Cover (auf dem Pale mit dem Schriftzug "Heine/Rilke" auf ihren Brüsten zu sehen ist, Anm.). Aber das ist ja auch das Spannende. Wenn es nicht an die Substanz geht, fehlt dann irgendwas.

Liegt Ihnen das Studio näher als der Liveauftritt?

Pale: Ich muss gestehen, dass ich das Studio liebe. Man ist so abgeschottet und kann sich voll konzentrieren. Aber das Livespielen ist mit nichts zu vergleichen, vielleicht außer damit, dass man hochschwanger ist. Irgendwann merkt man: Das muss jetzt einfach raus. Man ist schon überfällig. Das ist dann wie eine Erlösung. Ich kann es kaum erwarten, auf die Bühne zu gehen! Man bekommt endlich Feedback und Energie.

Wie kam es dazu, dass Sie sich nach der "Winterreise" mit Texten von Heinrich Heine und Rainer Maria Rilke wieder einem "klassischen" Sujet zugewandt haben?

Pale: Nach der "Winterreise" wäre ja Robert Schumanns "Dichterliebe" der nächste logische Schritt gewesen. Wir haben dann aber beschlossen, unsere eigene Dichterliebe zu machen. Die Vorlage für Schumann war ja Heine. Und ich wollte noch gerne Rilke dazu nehmen. Natürlich sind die beiden massive Gegenpole. Aber das macht es ja auch spannend. Heine hat eine große Ironie, die aber nie etwas abwertet, sondern die großen Themen der Menschheit elegant abhandelt, ohne dass es an Schwere verliert. Und bei Rilke ist es diese massive Sprachgewalt. Da gibt es Sätze, die schneiden durch einen durch.

Ist Lyrik generell ein Thema für Sie?

Pale: Angefangen hat das mit der "Winterreise". Und jetzt hatte ich mein Heine- und Rilke-Jahr. Ich bin da richtig hineingekippt. Dichtung ist etwas sehr Musikalisches. Ich liebe etwa Ernst Jandl, der sehr musikalisch gearbeitet hat. Da geht es um Rhythmik und Musik - aber eben mit Sprache.

Wie läuft Ihre Kooperation mit Mathias Rüegg konkret ab?

Pale: Ich wähle die Gedichte aus und übersetze sie - mithilfe zweier Nativespeaker. Die englische Sprache bietet mir persönlich wahnsinnige Freiheit, und so genieße ich die Freiheit der verschiedenen Klänge, die ich mir fürs Singen wünsche. Das diskutiere ich dann mit Mathias und zeige ihm, wie ich das sprechen würde. Er setzt sich dann ans Klavier und ruft mich fünf Stunden später an, dass er fertig ist - während ich zwei Wochen mit rauchendem Kopf an den Übersetzungen gesessen bin!

Wird es auch ein drittes Album von Ihnen beiden geben?

Pale: Von Anfang an war eine Trilogie geplant, die irgendwie zusammengehört. Und wir merken schon, dass es langsam in uns brodelt. Jetzt kommt aber erst der Premierenwahn, danach werden wir wieder konkreter. Es wird aber sicher wieder die Literatur eine Rolle spielen. Ich will immer einen Schritt weiter gehen, aber nicht die Richtung wechseln.

Mehr Infos: www.liapale.net

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