Auf dem Programmzettel werden auch Säulen wie der jeweilige "Musikalische Studienleiter" angeführt. Ein solcher namens James Pearson, seit 1993 im Haus, hatte am Ostersonntag Dienst und sorgte dafür, dass die Vorstellung reibungslos lief. Bis zum Schock: Wie berichtet, erlitt der Dirigent Franz Welser-Möst in der ersten Pause nach einem Hexenschuss einen Kreislaufkollaps. Eine Katastrophe, das Haus war ausverkauft. Staatsoperndirektor Dominique Meyer konnte in ganz Wien keinen Dirigenten ausfindig machen und kam zu James Pearson. Der Studienleiter dirigierte die beiden anderen Akte ohne Pannen - und wurde mit Standing Ovations bedankt.
Dabei hat Pearson zuletzt 1980 eine Oper dirigiert, in Heidelberg "Madama Butterfly". Der heute 64-Jährige aus Minneapolis war einst zum Studium nach London gekommen und in Europa "hängen" geblieben, wo er an mehreren deutschen Häusern und der Brüsseler Oper gewirkt hat. Dirigent und berühmt wollte er gar nicht werden, sondern als Korrepetitor arbeiten. Am liebsten "mit den besten Leuten", sagt Pearson. Und das könne er in Wien. Er kennt das Repertoire des Hauses bestens, besonders Wagners "Parsifal" liebe er leidenschaftlich.
Zum Umziehen oder nervös werden sei keine Zeit gewesen, sagt Pearson am Mittwoch lachend. Er arbeite gerade an den Vorbereitungen zu Verdis "Don Carlos" - wieder im Hintergrund, wie er es liebe. Als Studienleiter ist es sein Job, mit den Sängern am Klavier die Rollen zu erarbeiten.
Am Ostersonntag wurde "Jimmy", wie der äußerst beliebte Musiker im Haus genannt wird, zum Helden. Noch während der Aufführung wurde er auf Facebook gefeiert, ermuntert, bewundert. "Ich war nur einer von vielen", relativiert Pearson bescheiden seinen mutigen Einsatz. Er habe erst den Dirigentenstab ergriffen, nachdem der Konzertmeister des Orchesters, Rainer Honeck, jede Unterstützung zugesichert hatte. Er freute sich natürlich über den Jubel, aber der schönste Lohn sei für ihn gewesen, sagt James Pearson, "einmal dieses Orchester zu dirigieren".