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Simonischek als "Toni Erdmann": Falsche Zähne, wahre Gefühle

Als "Toni Erdmann" eroberte Peter Simonischek mit seiner Filmtochter Sandra Hüller unter der Regie von Maren Ade in Cannes die Kritikerherzen. In dieser Woche startet der Film im Kino - endlich.

Seine Tochter (Sandra Hüller) ist zu einem freudlosen Arbeitstier geworden, als Unternehmensberaterin in Bukarest. Also macht sich der pensionierte Musiklehrer Winfried (Peter Simonischek) daran, sie zurückzuerobern. Mit falschen Zähnen und billiger Perücke gibt er sich aus als charmant-rüpelhafter Personality-Coach Toni Erdmann, taucht bei ihr am Arbeitsplatz auf, und blamiert sie auf die Knochen: "Toni Erdmann" ist eine unwiderstehliche Liebesgeschichte zwischen Vater und Tochter, und der dritte Langfilm der deutschen Regisseurin Maren Ade, deren Film "Alle Anderen" mit Birgit Minichmayr 2009 den Silbernen Bären bekommen hat.

SN: Frau Ade, Vom Drehschluss bis zur Premiere hat es zwei Jahre gedauert. Warum so lange?
Ade: Ich hatte über hundert Stunden Material, allein der Schnitt hat daher über ein Jahr gedauert. Und ich habe in der Zeit auch mein zweites Kind bekommen, aber ich muss sagen, das hatte gar keinen großen Einfluss auf den Film. Ich habe dann nur eine kurze Pause gemacht, weil ich den Film fertigbekommen wollte.

SN: Woher kommt denn diese Figur "Toni Erdmann"?
Ich interessiere mich für Familien, für die Rollen, die jeder spielt. Das ist manchmal sehr statisch, fast rituell, Menschen wiederholen sich in ihrem Verhalten. Aber auf der anderen Seite gibt es auch Menschen, die sich als anders empfinden und eine unerfüllte Sehnsucht haben, das auch zeigen zu dürfen. Meine Idee war die von Vater und Tochter, die in eine Art von Duell einsteigen, ein Rollenspiel: Der Vater taucht irgendwo als Fremder kostümiert auf, um seine erwachsene Tochter besser kennen zu lernen, und in dieser fremden Personifizierung lässt sie ihn dann in ihr Leben.

SN: Ihre Hauptdarstellerin Sandra Hüller sagt, Toni Erdmanns Verschmitztheit ist etwas, das Sie von Ihrem Vater hätten.
Mein Vater liebt es, Witze zu machen, sein Humor hat mich begleitet, und er hat ein großes Repertoire an Scherzen. Ich habe ihm einmal falsche Zähne geschenkt, und manchmal trägt er die, das ist also ein Detail, das ich mir von meinem Vater ausgeliehen habe. Der Rest ist aber erfunden, ich kenne niemanden, der wie Toni Erdmann ist.

SN: Beim Filmfestival in Cannes im Mai hatte Ihr Film die meisten Punkte, die je ein Film bei der internationalen Kritikerwertung bekommen hat, und nun ist er bereits in 50 Länder verkauft worden. Haben Sie eine Erklärung dafür?
Ich selbst bin ja eher misstrauisch gegenüber Filmen, die jeder mag. Aber ich wollte ja einen Film machen, der etwas Universelles erzählt. Ich war zuvor nervös, ob das auch funktioniert. Humor hat ja den Ruf, regional sehr spezifisch zu sein, und der Film ist über weite Strecken doch sehr schräg. Aber auf der anderen Seite gibt es auch Momente, die international als witzig verstanden werden, etwa wenn jemand nackt ist, und dann die Türglocke läutet. Das ist extrem simpel, wie im Boulevardtheater. Aber ich mag die ganze Szene mit der Nacktparty, die dann passiert.

SN: Dieser Film vermittelt die unbedingte Notwendigkeit, das Leben freudvoll zu leben. War der Transport dieser Botschaft Ihre Absicht?
Toni Erdmann sagt ja auch, dass es gut wäre, sich an bestimmte Momente zu erinnern. Aber am Ende ist so ein Moment, und er rennt los, um seine Kamera zu holen, anstatt dazubleiben. Er hat also offensichtlich selbst Probleme mit dem, was er sich für seine Tochter wünscht. Ich denke, manchmal ist die Sache mit dem Glück etwas überbewertet. Vielleicht wäre es viel entspannender, zu sagen: Es ist auch okay, manchmal unglücklich zu sein.

SN: Der Großteil Ihres Films spielt in Bukarest. Warum gerade Rumänien?
Nach dem Ende des Kommunismus gab es den großen Ausverkauf in Rumänien, viele deutsche und österreichische Unternehmen haben da versucht, ein Stück vom Kuchen zu bekommen. Daher gibt es dort viele deutsche und österreichische Niederlassungen, zum Beispiel OMV-Petrom. Die haben uns auf ihren Ölfeldern drehen lassen. Beim Schreiben hatte ich noch die Befürchtung, dass ich nie so ein Ölfeld werde sehen können, aber dort war alles kein Problem.

SN: Was hat Sie darauf gebracht, Peter Simonischek eine Rolle zu geben?
Ich hab ja immer jemanden aus Österreich in meinem Film, bei "Alle anderen" war es Birgit Minichmayr. Vielleicht bringt ihr Österreicher etwas Spezielles mit… Ich kann es nicht benennen. Ich hab jedenfalls ein Casting gemacht für diese Rolle hier, und konnte mir zuerst nicht vorstellen, dass das mit ihm funktionieren würde. Aber er war sofort perfekt als Toni, weil man ihm echt alles anziehen und aufsetzen kann, und er sieht immer noch gut aus, er wirkt immer noch realistisch, wie eine normale Person. Damit war das einfach.

Ich musste an Peter nichts ändern, nur die Haare. Ich hab ihm eine schlechte Perücke aufgesetzt und damit war das erledigt.

FILM: Toni Erdmann. Tragikomödie, D/Ö 2016. Regie: Maren Ade. Mit Peter Simonischek, Sandra Hüller, Michael Wittenborn, Ingrid Bisu.

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