Ist das denn zu viel verlangt? Zahnarzt Michel möchte sich doch einfach nur die seltene Jazzplatte anhören, die er auf dem Flohmarkt gefunden hat. Doch die Wirklichkeit gönnt ihm diesen Samstagsluxus nicht: Christian Clavier spielt in "Nur eine Stunde Ruhe" erneut den bequemen Fremdenfeind, dessen Dasein eskaliert, diesmal unter der Regie von Patrice Leconte. Ein Interview mit dem Regisseur über Selbstzufriedenheit und Ruhe.
SN: "Nur eine Stunde Ruhe" beruht auf Florian Zellers gleichnamigem Theaterstück. War die Verfilmung Ihre Idee?
Leconte: Nein, mich hat der Produzent angerufen und gesagt: Schau dir das an, das könnte dein nächster Film werden! Das Stück lief damals erfolgreich in Paris. Und ich habe die Möglichkeit erkannt, eine Komödie darüber zu machen, wie vor allem wir Großstädter nie zur Ruhe kommen und immer glauben, unter Druck zu sein.
Aber der Film hat auch noch eine andere Botschaft?
Ja, wir haben einiges dazuerfunden: Die illegalen Einwanderer unterm Dach, das Multikulti-Nachbarschaftsfest, die temperamentvolle spanische Haushälterin, da dringt das Politische in das Leben des bürgerlichen Egozentrikers herein. Dafür ist das Ende im Kino versöhnlicher: Im Theaterstück hört er in Ruhe seine Platte, und muss feststellen, dass sie einen Kratzer hat. Das fand ich deprimierend. Ich finde, der Film ist besser geworden.
SN: Ohne Christian Clavier wären auch Komödien wie "Monsieur Claude und seine Töchter" nicht denkbar. Wird er zum neuen Louis de Funès?
Sie haben recht, er wird immer wieder mit de Funès verglichen, weil auch er so lebhaft und expressiv ist. Ich bin ein Fan von Louis de Funès, aber in meinen Augen hat ihm Christian Clavier etwas voraus: Bei ihm wirkt jede Regung glaubwürdig und ehrlich. Natürlich ist im Film alles ein bisschen übertrieben, aber eben nur gerade so weit, dass es lustig ist. Und Christian Clavier wirkt inmitten dieses Chaos immer noch wahrhaftig, sogar ein wenig tragisch.
SN: "Nur eine Stunde Ruhe" spielt inmitten einer zutiefst bürgerlichen Existenz, die von der Wirklichkeit draußen aufgemischt wird: portugiesische Handwerker, polnische Nachbarn, Flüchtlinge, ...
Der Autor Florian Zeller hat die Adaptierung selbst geschrieben und er hat diese Figuren eingebaut als Kontrast zum bourgeoisen, selbstsüchtigen Michel, den Clavier spielt. Michel ist ein Mann wie aus einer anderen Epoche, und er hat mit der heutigen Wirklichkeit ein echtes Problem. All diese Menschen stellen seine grundsätzliche Werte und Überzeugungen infrage: seine Bequemlichkeit, seinen Egoismus, seine selbstzufriedene Fremdenfeindlichkeit. Über jemanden, der so verzweifelt auf illegale Einwanderer reagiert, lässt sich gut lachen.Film: Nur eine Stunde Ruhe. Komödie, Frankreich 2014. Regie: Patrice Leconte. Mit Christian Clavier, Carole Bouquet. Start: 8. 5.