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Oscar-Verleihung: Ein Irrtum sorgt für das meiste Aufsehen

Mit einem unfreiwillig spannenden Finale ging die 89. Oscar-Verleihung zu Ende. Irrtümlich hatte Warren Beatty "La La Land" als Gewinner in der Kategorie Bester Film verkündet.

Warren Beatty (rechts) und Jordan Horowitz (Produzent von „La La Land“) mit dem richtigen Briefumschlag, der „Moonlight“ als Oscar-Gewinner in der Kategorie Bester Film ausweist. Zuvor hatte Beatty „La La Land“ als Gewinner verlesen.
Ryan Gosling und Emma Stone.
Riz Ahmed und Felicity Jones präsentieren den Award für die besten visuellen Effekte.
Ezra Edelman und Caroline Waterlow .
Viola Davis ist die beste Nebendarstellerin. Sie spielt in „Fences“.
John Legend.
Mahershala Ali hat den Oscar für den besten Nebendarsteller gewonnen.
[T] Die gerührte Emma Stone
Bester männlicher Hauptdarsteller: Casey Affleck.

"La La Land" ist der erwartete, große Sieger der Oscar-Verleihung: Die nostalgische Musicalromanze wurde in Los Angeles in der Kategorie "Bester Film" ausgezeichnet. Für wenige Sekunden. Denn als alle Beteiligten auf der Bühne standen, erkannte Laudator Warren Beatty seinen Fehler: Gewonnen habe das Coming-of-Age-Drama "Moonlight" von Barry Jenkins - nicht das Musical.

Beatty entschuldigte sich auf der Bühne für seinen peinlichen Fehler. Der 79-jährige US-Schauspieler hatte das falsche Kuvert in der Hand - jenes für die Kategorie "Beste Hauptdarstellerin", die zuvor "La La Land"-Schauspielerin Emma Stone für sich entschieden hatte.

"Deshalb habe ich gezögert und Faye angesehen", erklärte ein sichtlich reuiger Beatty, "ich wollte mir keinen Scherz erlauben!" Ein seltener Schockmoment bei der Oscar-Verleihung.

"Moonlight" erzählt die Geschichte eines jungen schwulen Afroamerikaners, der in den 80er-Jahren im von Armut und Drogen gebeutelten Viertel Liberty City in Miami aufwächst, in drei prägenden Lebensabschnitten.

Ebenfalls in der Königskategorie nominiert waren das Familiendrama "Manchester by the Sea" und die Kriegspassion "Hacksaw Ridge", die auf je zwei Oscars kommen, sowie "Arrival", "Fences", "Hell or High Water", "Hidden Figures - Unerkannte Heldinnen" und "Lion".

Die beste Hauptdarstellerin, der beste Hauptdarsteller

"La La Land" war dennoch der große Gewinner, holte die Romanze doch immerhin sechs Trophäen ab. Emma Stone hat sich in den Hollywood-Olymp getanzt: Die 28-jährige US-Amerikanerin wurde zur besten Hauptdarstellerin gekürt. In der Musical-Hommage brilliert Stone an der Seite von Ryan Gosling als angehende Schauspielerin Mia, die zahlreiche demütigende Vorsprechen über sich ergehen lassen muss.

Stone hat damit ihre zweite Oscar-Chance direkt in einen Preis umgewandelt: 2015 war sie für "Birdman" in der Kategorie "Beste Nebendarstellerin" nominiert. Im Rennen 2017 konnte sie sich gegen Mitfavoritinnen Isabelle Huppert ("Elle") und Natalie Portman ("Jackie") sowie Ruth Negga ("Loving") und Meryl Streep ("Florence Foster Jenkins") durchsetzen.

Den Preis nahm sie sichtlich überwältigt von Vorjahresgewinner Leonardo DiCaprio entgegen. "Ich habe noch viel zu lernen und zu arbeiten - aber dieser Kerl ist ein wunderschönes Symbol dafür, diese Reise fortzuführen", sagte Stone in ihrer Dankesrede, "und dafür bin ich wirklich dankbar."

Casey Affleck (41) wurde mit dem Oscar als bester Hauptdarsteller ausgezeichnet. Er gewann mit dem Drama "Manchester by the Sea". Mit seinem ersten Oscar-Gewinn tritt Casey Affleck endgültig aus dem Schatten seines älteren Bruders, des zweifachen Oscar-Preisträgers Ben Affleck (44, "Argo"). Dazu musste er in dem Familiendrama "Manchester by the Sea" nicht groß auftrumpfen. Im Gegenteil: Affleck wächst so sehr in die stille Rolle des von Schuldgefühlen zerrissenen Mannes Lee Chandler hinein, dass man schnell vergisst, dass hier vor der Kamera gespielt wird.

Glück für Affleck, dass Matt Damon aus Zeitgründen in letzter Minute von der Hauptrolle absprang und nur noch als Produzent bei dem Drama an Bord blieb. Mit seinem packenden Porträt des unnahbaren Einzelgängers, der über ein Familientrauma nicht hinwegkommt, räumte Affleck die wichtigsten Preise der Saison ab - und setzte sich in der Oscar-Nacht gegen Stars wie Denzel Washington und Ryan Gosling durch.

Kein Oscar für "Toni Erdmann"

Enttäuschung für das Team von "Toni Erdmann": Die deutsch-österreichische Tragikomödie ging bei der Oscar-Verleihung im Rennen um den Preis für den besten fremdsprachigen Film leer aus. Ausgezeichnet wurde stattdessen der iranische Beitrag "The Salesman" des Regisseurs Asghar Farhadi.

"The Salesman" erzählt von einem Ehepaar, das nach einem brutalen Überfall auf die Frau nicht die Polizei einschaltet, sondern Selbstjustiz übt. Das Werk wird so zu einem Drama um Schuld, Vergebung, Würde und Moral. Für Farhadi ist es der bereits zweite Auslands-Oscar nach "Nader und Simin - Eine Trennung" 2012.

Maren Ades Erfolgsfilm mit Peter Simonischek in der Titelrolle hatte im Vorfeld lange als Favorit für den Preis gegolten. Nach dem von US-Präsident Donald Trump verfügten und später von US-Bundesgerichten wieder aufgehobenen Einreiseverbot für sieben mehrheitlich muslimische Länder war "The Salesman" jedoch vorgerückt - ist ein Preis für den Iran, der zu den betroffenen Ländern zählt, doch auch ein politisches Statement.

Farhadi blieb der diesjährigen Gala aus Protest gegen die neue US-Einwanderungspolitik fern. Eine Vertreterin verlas auf der Bühne ein Statement des Regisseurs, der davor warnte, die Welt "in Kategorien von 'uns' und 'den Feinden' einzuteilen". Dies würde zu Furcht und in weiterer Folge zu Kriegen führen. "Diese Kriege verhindern Demokratie und Menschenrechte in Ländern, die ihrerseits bereits Opfer von Aggression waren."

Die beste Nebendarstellerin, der beste Nebendarsteller

Mahershala Ali wurde für seine Rolle im Film "Moonlight" als bester Nebendarsteller geehrt, den Oscar als beste Nebendarstellerin erhielt Viola Davis für ihre Rolle in "Fences". Der 43-jährige Mahershala Ali nahm den Preis aus den Händen der Vorjahresgewinnerin Alicia Vikander entgegen und dankte seiner Ehefrau, die vor vier Tagen das erste gemeinsame Kind zur Welt brachte. "Ich will ihr dafür danken, dass sie während dieser ganzen Zeit (der Preissaison, Anm.) eine Kämpferin war, die mir geholfen und mich durch den ganzen Prozess hindurch getragen hat."

Das Coming-of-Age-Drama "Moonlight" von Barry Jenkins ist für insgesamt acht Academy Awards nominiert. Ali, der auch im dreifach nominierten Film "Hidden Figures - Unerkannte Heldinnen" eine Nebenrolle spielt, setzte sich in seiner Kategorie gegen die wiederholt nominierten Schauspieler Jeff Bridges ("Hell or High Water") und Michael Shannon ("Nocturnal Animals") sowie die Jungstars Lucas Hedges ("Manchester by the Sea") und Dev Patel ("Lion") durch.

"Oh captain, my captain Denzel Washington"

Davis, die als erste schwarze Schauspielerin in der Oscar-Geschichte bereits drei Oscar-Nominierungen verbuchen konnte, nahm den Preis für ihre kraftvolle Darstellung im Familiendrama "Fences" unter Tränen entgegen. Die 51-Jährige war zuvor für "Doubt" (2008) und "The Help" (2011) im Oscar-Rennen gewesen und setzte sich nun gegen ihre Kolleginnen Naomie Harris ("Moonlight"), Nicole Kidman ("Lion"), Octavia Spencer ("Hidden Figures") und Michelle Williams ("Manchester by the Sea") durch. Auf der Bühne dankte sie u.a. "oh captain, my captain Denzel Washington", der bei "Fences" die Hauptrolle spielte und Regie führte. Sie sei Künstlerin geworden, "weil dies der einzige Beruf ist, der es feiert, was es heißt, ein Leben zu leben".

Der beste Animationsfilm

In der Dokumentarfilmsparte hat sich mit "O.J.: Made in America" der Favorit durchgesetzt. Die fast achtstündige Doku des Sportsenders ESPN zeichnet den Aufstieg und Fall des ehemaligen Sportstars und später des zweifachen Mordes beschuldigten O.J. Simpson vor dem Hintergrund von Rassismus und Starkult nach.

Mit dem Disney-Trickfilm "Zoomania" gab es am Sonntagabend einen weiteren Favoritensieg bei der Oscar-Verleihung in der Kategorie "Bester Animationsfilm". Weitere Preise haben sich bisher auf mehrere Filme aufgeteilt. So ging der Preis für den besten Tonschnitt an die Science-Fiction-Parabel "Arrival", der Award für die beste Tonmischung an Mel Gibsons Kriegspassion "Hacksaw Ridge", die Auszeichnung in der Sparte "Make-Up/Frisur" an "Suicide Sqad" und die Trophäe für Kostümdesign an "Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind". Für Kostümdesignerin Colleen Atwood ist es der bereits vierte Oscar.

Die Gala hatte mit einem musikalischen Einzug ins Dolby Theatre von Musiker und Schauspieler Justin Timberlake begonnen. Der 36-Jährige gab zum Auftakt mit Unterstützung zahlreicher Tänzer seinen Oscar-nominierten Ohrwurm "Can't Stop The Feeling" aus dem Animationsfilm "Trolls" sowie Bill Withers' Gute-Laune-Lied "Lovely Day" zum Besten und brachte die anwesenden Gäste im Saal damit zum Tanzen.

Moderator kritisiert Trump

Im darauffolgenden Eröffnungsmonolog thematisierte der erstmalige Oscar-Moderator Jimmy Kimmel sogleich die "polarisierte Gesellschaft" ob der politischen Lage in den USA. Würde jeder Zuseher aus den USA und all jenen Ländern, "die uns jetzt hassen", mit einer andersdenkenden Person ein konstruktives Gespräch führen, "können wir Amerika wieder großartig machen", sagte Kimmel in Anspielung an Donald Trumps Wahlkampfslogan "Make America Great Again". Überraschend dankte er Trump dann auch - freilich nur im Scherz: "Im Vorjahr schienen die Oscars rassistisch. Das ist jetzt dank ihm vergessen." In diesem Jahr "retten Schwarze die NASA und Weiße den Jazz", lästerte Kimmel in Bezug auf "Hidden Figures" und den nicht unumstrittenen Favoriten "La La Land".

Die von Trump als "absolut überbewertet" bezeichnete Meryl Streep begrüßte Kimmel mit einem besonderen Applaus. Die anwesenden Stars gaben ihr spontan stehende Ovationen. Den Siegern riet Kimmel, sich zu freuen, schließlich bekämen sie die Chance, dass der Präsident "in Großbuchstaben über sie twittert, wenn er morgen Früh um 5 Uhr Verdauungsprobleme hat".

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