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"She He Me" - Transgender-Thema im Wiener Kosmos Theater

Durch Serien wie "Transparent" oder Filme wie "The Danish Girl" sind die Themen Transgender und Intersexualität in den vergangenen Jahren sichtbarer geworden. Sie spielen aber meist im mehr oder weniger aufgeklärten Westen. Doch wie gehen Betroffene in arabischen Ländern damit um? Mit der Uraufführung von "She He Me" wirft das Wiener Kosmos Theater seit Freitag den Blick auf die arabische Welt.

Der/die jordanische Autor/in Amahl Khouri hat mit "She He Me" ein halbdokumentarisches Stück geschrieben, in dem drei Charaktere aus dem Libanon, Jordanien und Algerien ihre Geschichten erzählen, in denen es nicht nur um gesellschaftliche Ächtung, sondern ums nackte Überleben geht. Paul Spittler hat das sensible, aber nie sentimentale Stück nun in Wien inszeniert und setzt damit ein lautstarkes Zeichen für mehr Sichtbarkeit der (auch aus dem arabischen Raum geflüchteten) LGBTIQ-Community (Lesbian Gay Bisexual Trans Intersex Queer).

Für "She He Me" hat Khouri 14 Interviews mit Menschen aus arabischen Ländern geführt und sich schließlich für drei exemplarische Geschichten entschieden, die von Alev Irmak, Josef Mohamed und Sandra Selimovic in knapp 90 Minuten erzählt werden. Als Setting hat sich Regisseur Spittler für eine leere Bühne entschieden, die lediglich von einem riesigen Haufen von Plüschtieren und drei von der Decke hängenden Stoffbahnen, auf die Videos projiziert werden, dominiert wird. In seinem/ihrem Text verschränkt Khouri Erzählungen mit szenischen Elementen, die einzelne Begebenheiten wie das Coming Out in der Familie oder die Ächtung im sozialen und politischen Umfeld der Protagonisten erfahrbar machen.

So erfährt man von der 42-jährigen Trans-Frau Randa aus Algerien, die unter dem Druck ihrer Verwandten und der Regierung das Land verlassen muss, da ihr Aktivismus für die LGBTIQ-Community unerwünscht ist. Die türkisch-österreichische Schauspielerin Alev Irmak gibt ihr ein Gesicht und zeichnet die Zerrissenheit zwischen Liebe für die Familie und politischem Engagement nach. Die echte Randa lebt mittlerweile in Schweden, wo sie sich für Aufklärung und die Durchsetzung der Rechte von Transgender-Personen einsetzt.

Aus Jordanien stammt der 28-jährige Omar, dessen Homosexualität und genderfluide Empfindung innerhalb seiner Familie sogar in Todesdrohungen mündet. Ihm verleiht im Stück Josef Mohamed eine Stimme, der sich auf eine mitreißende Identitätssuche begibt. Der Trans-Mann Rok (Sandra Selimovic) aus dem Libanon ist schließlich nach New Jersey ausgewandert, wo er sich einer geschlechtsangleichenden Operation unterziehen konnte, während seine alleinerziehende Mutter an die Grenzen ihrer Toleranz stößt, ihre Tochter jedoch auf dem Weg der Verwandlung zum Mann begleitet. Allen Dreien ist gemein, dass sie ihre Transformation in einem religiös geprägten, von Ehrvorstellungen dominierten und sogar zum Mord bereiten Umfeld vollziehen müssen.

Die inneren und äußeren Kämpfe werden zusätzlich von tänzerischen Einlagen (Choreografie: Jasmin Avissar) begleitet. Während Randa und Omar schließlich ihr Ziel - die Geschlechtsangleichung - erreichen und in westlichen Ländern ihr neues Leben finden, bleibt die Geschichte von Rok im Ungefähren. Er/sie ist auch der/die Einzige, der/die im abschließenden Video-Zuspieler der realen Vorbilder verpixelt bleibt. Viel Applaus für ein mutiges, engagiertes Team, das ein doppelt sensibles und mit Vorurteilen behaftetes Thema bravourös auf die Bühne bringt.

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