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Braukunst in Salzburg - eine Zeit mit Höhen und Tiefen

Bierbrauer mussten sich gegen viele Widrigkeiten durchsetzen. Einmal waren es hohe Abgaben auf Alkohol, dann Missernten oder ein harter Preiskampf untereinander.

Seit 1621 brauen die Augustiner am Standort in Salzburg-Mülln Bier und schenken es in der Wirtschaft aus.

Mehr als ein halbes Jahrtausend reichen die Aufzeichnungen, in denen von der Herstellung oder dem Genuss von Bier die Rede ist, zurück. Der erste Brauer scheint als Zeuge auf einer Urkunde aus dem mittleren 13. Jahrhundert auf. Er heißt Tagno, sein Beruf ist mit "praxator"(Latein für Bierbrauer) angegeben. Der erste schriftliche Hinweis, in dem eine Zuwendung in Form von Wein und Bier angeordnet wird, stammt gar aus dem Jahr 1158. Von dieser Zeit ist auch bekannt, dass nördlich der Stadt Salzburg ausgedehnte Hopfengebiete existierten. Wie das Bier damals geschmeckt haben mag, ist ungewiss. Gerhard Ammerer und Harald Waitzbauer, die im Jahr 2011 ein Buch zum Thema "600 Jahre Braukultur in Salzburg" herausgebracht haben, sind sich sicher, dass "das Brauprodukt des Mittelalters mit dem Bier der Gegenwart nur bedingt vergleichbar ist".

Sechs Braustätten vor 1492

Zunächst gehörten das Bierbrauen und das Brotbacken zu den häuslichen Tätigkeiten, erst um 1300 entwickelten sich die ersten kommerziellen Brauereien - etwa in der Salzburger Dreifaltigkeitsgasse. Kurz vor dem Beginn der Neuzeit, die bekanntlich mit der Entdeckung Amerikas und der offiziellen Gründung der Stieglbrauerei zu Salzburg zusammenfällt, soll es in der Stadt bereits sechs Produktionsstätten für Gerstensaft gegeben haben - zumindest gibt es dafür schriftliche Belege. Und bis zur Mitte des 16. Jahrhundert kommen noch einige weitere dazu.

Viele Brauereien blieben über lange Zeit bestehen, wenngleich gesetzliche Auflagen und Bestimmungen ihnen das Leben schwermachten. Beim Verkauf durfte ein festgesetzter Höchstpreis nicht überschritten werden, dann wurde auch noch eine Abgabe auf Bier eingehoben und in Zeiten mit marodem Staatshaushalt kamen weitere Aufschläge dazu. Wen wundert es also, dass manche auf die Idee kamen, das Bier mit Wasser zu strecken, auch wenn das streng verboten war.

Schließlich wurde es den Brauern zu bunt und sie verweigerten die Abgabe der, wie sie fanden, viel zu hohen Steuern während des Siebenjährigen Kriegs (1756 bis 1763).

Sie sahen nur zwei Auswege: Entweder die Verschiebung der Zusatzabgabe auf bessere Zeiten oder die Erhöhung des gebundenen Bierpreises. Als Beweis für ihre missliche Lage legten sie Rechnungen vor, die zeigten, dass sie wegen der Mehrfachabgaben bereits Verluste schrieben.Erst im Jahr 1778 wurde einer Senkung der Steuern von offizieller Seite her zugestimmt.

Auswüchse des Bierkonsums

Die Salzburger Autoren beschreiben in ihrem Buch auch den negativen Effekt, den die Ausschank von Bier in Gaststätten mit sich brachte. Alkohol wurde nämlich reichlich genossen, dazu vergnügte man sich beim Karten- oder Brettspiel. Lokale, die zudem eine Kegelbahn hatten, zogen noch mehr Gäste an. Erzbischof Johann Jakob von Kuen-Belasi (1560-1586) geht sogar so weit, seinen Domvikaren den Besuch öffentlicher Gaststätten zu untersagen, "weil sie sich ständig betranken und in Wirtshäusern Schlägereien anzettelten". Andere wiederum kamen deswegen sogar ins Gefängnis.

Als die Schänken in St. Peter und dem Augustinerkloster Mülln durch "Aussteckung der grünen Bäume" oder die Einrichtung einer Kegelbahn vermehrt Gäste anzogen, stieß das bei den Brauern und anderen Wirten auf großen Unmut. Und dann gab es da auch noch den "räuberischen Klubb der Pfuscher", die ohne Konzession arbeiteten und sich unkontrollierbar vermehrten. Zustände wie in St. Peter würden in keinem anderen Land geduldet, heißt es in einem Polizeiprotokoll aus dem Jahr 1802.

Strenge Auflagen bei der Ausbildung

Wer die Kunst des Bierbrauens erlernen wollte, hatte einige Hürden zu überwinden. Unehelich Geborenen wurden gänzlich von der Möglichkeit der Ausbildung ausgeschlossen. Vor der Lehre musste eine Art Kaution hinterlegt werden, damit der Lehrmeister damit seine Unkosten und eventuelle Schäden abdecken konnte. Hatte sich der Lehrling während der Lehrzeit "fleischlich vergangen" und gar ein Kind gezeugt, so wurde ihm die gesamte Lehrzeit aberkannt. Der Lehrmeister hatte generell die "hausväterliche Gewalt" über seinen Lehrbuben, der während der zwei Jahre dauernden Lehre bei ihm im Haus wohnte. Ungehorsam, Lügen, Gotteslästerung oder ehrloses Handeln war ihm strengstens untersagt. Selbst die Erlaubnis für einen Spaziergang musste der Lehrling bei seinem Meister einholen.

Die Nachfolge in einem Brauereibetrieb war genau geregelt. Starb der Inhaber, konnte seine Frau die Geschäfte zusammen mit einem oder mehreren Gesellen ein Jahr lang weiterführen. Dann jedoch war sie gezwungen, sich abermals zu verehelichen. Söhnen war es erlaubt, die Nachfolge ihres Vaters anzutreten.

Kampf gegen "Bierzwang" , Krieg, Missernten und Industrialisierung

Ihre liebe Mühe hatten die Salzburger Bierbrauer immer wieder mit der Obrigkeit. Eine Anordnung aus dem Jahr 1664 etwa besagte, dass in Wirtshäusern ohne eigene Produktion künftig nur mehr Bier aus den Hofbrauereien ausgeschenkt werden dürfe, was naturgemäß zu erheblichen Umsatzeinbußen der rund 100 damals in der Region bestehenden Privatbrauereien führte. Zudem schmeckte vielen das Hofbier gar nicht. Erst Ende des Jahres 1808 wurde der "Bierzwang" wieder aufgehoben.

1770 und 1771 kam es durch eine sich über ganz Mitteleuropa ausdehnende Trockenheit zu massiven Ernteausfällen. Die Getreidepreise stiegen in einem Jahr auf das Doppelte an, neben den Bäckereien mussten auch viele Brauereien ihren Betrieb vorübergehend einstellen. Dramatische Einschnitte brachte schließlich das Zeitalter der Industrialisierung mit sich. Viele Brauereien hatten schlicht nicht das Geld, in Maschinen zu investieren, und waren gezwungen, zu verkaufen. Andere wiederum konnten ihre Unternehmen durch Zukauf vergrößern. In der Stadt Salzburg ging die Zahl der Brauereibetriebe End des 19. Jahrhunderts von zwölf auf vier bzw. fünf (1901 wurde die Weißbierbrauerei in Schallmoos gegründet) zurück. Stiegl und Kaltenhausen boten sich um diese Zeit einen ruinösen Preiskampf und beglichen etwa die Schulden von Wirten, nur damit diese ihnen ihr Bier abnahmen. 1907 traten die beiden schließlich auf die Bremse und unterzeichneten einen Vertrag, nach welchem keiner mehr dem anderen Kunden abspenstig machen durfte. Nach weiteren wirtschaftlichen Einbrüchen zur Zeit der beiden Weltkriege herrscht um die Bierkultur heute ein regelrechter Hype . Spezialbiere, Brauereiführungen oder die Weitergabe von Wissen rund ums Bierbrauen werden von den Konsumenten gern angenommen. Man kann sagen: Bier hat sich erfolgreich bis in die gehobene Gastronomie und In-Szene hochgearbeitet.