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Krimmler Wasserfall: Natürliche Hilfe für Asthma und Allergien erleben

In Krimml hilft "Dr. Wasserfall" Allergikern und Asthmatikern mit seiner reinigenden und entzündungshemmenden Wirkung.

Heilende Kraft des Krimmler Sprühnebels: Die Wucht des Falls macht das Wasser zum Asthmaspray.
Heilende Kraft des Krimmler Sprühnebels: Die Wucht des Falls macht das Wasser zum Asthmaspray.

Wie ein Schiffsbug ins Meer schneidet, so ragt der Therapieplatz ins Sturzbassin des Krimmler Wasserfalls hinein. Dichte Sprühnebel schleudert das stürzende Wasser über die Landzunge, taucht die dort in Decken eingehüllten Menschen in ein Spritzbad winzig kleiner Tröpfchen.

"Winzig kleine Tröpfchen, riesige Wirkung."
Petra Lemberger
Projektleitung Verein Hohe Tauern Health

Gäste sowie Einheimische nutzen die gesundheitsfördernde Wirkung des fallenden Wassers, erzählt Petra Lemberger beim SN-Lokalaugenschein an den größten Wasserfällen Europas. Sie ist Projektleiterin des Vereins Hohe Tauern Health, der die natürliche Heilkraft des Wasserfalls zwischen Mai und Ende September für die Naturmedizin zugänglich macht und touristisch begleitet.

Beschwerdefreier Winter nach Wasserfallkur

Seit die ersten Gäste vor rund 15 Jahren aufgrund asthmatischer Beschwerden zum Wasserfall reisten, habe "Dr. Wasserfall" bereits einige Stammgäste gewonnen, sagt sie. Beispielsweise einen Schweizer, der im Frühjahr und im Herbst jeweils für drei Wochen seinen Gesundheitsurlaub am Wasserfall verbringt und laut seiner Aussage aufgrund des Wasserfalls den Winter so gut wie beschwerdefrei übersteht.

Dass die Krimmler Wasserfälle eine derart positive Wirkung bei Menschen mit allergischem Asthma erzeugen, hängt mit der Wucht des herabstürzenden Wassers zusammen. Im Sturzbecken entstehen dadurch Tröpfchen von der Größe weniger Nanometer, sprich millionstel Millimeter. Damit sind sie rund 200 Mal kleiner als die Tropfen eines Asthmasprays, und an den Wasserfall-Tröpfchen haftet eine hohe Anzahl negativ geladener Ionen. In normaler Atemluft befinden sich 300 bis 3000 Ionen pro Kubikzentimeter - bei den Krimmler Wasserfällen werden bis zu 100.000 gemessen. Je winziger diese Tröpfchen sind, umso tiefer können sie in die Lunge gelangen, wo sie ihre reinigende und entzündungshemmende Wirkung entfalten.

Paracelsus hätte Freude an Naturmedizin

Der legendäre Wahlsalzburger und Arzt Paracelsus hätte seine Freude an dieser Luftkur am Wasserfall: "Alle Wiesen und Matten, Berge und Hügel, die sind Herrgotts Apotheke", predigte er vor 500 Jahren und forderte, die Ärzteschaft müsse "durch der Natur Examen gehen". Dieser Vorgabe ihres Namensgebers folgend, startete die Paracelsus Medizinische Universität (PMU) Salzburg vor bald 20 Jahren mit der wissenschaftlichen Untersuchung der heilenden Wirkung der Krimmler Wasserfälle.

Das Institut für Ökomedizin unter der Leitung von Universitätsprofessor Arnulf Hartl untersuchte in einer ersten Phase die Folgen des Wasserfall-Aerosols bei asthmakranken Mäusen. Die Versuchsanordnung verursachte anfangs bei einigen Kopfschütteln. Die ursprüngliche Skepsis wich aber recht rasch, da bereits die sogenannte Mausstudie vielversprechende Ergebnisse lieferte.

Zuerst Mäusestudie, dann Kindercamp

Auf die Studie mit Mäusen folgte eine klinische Studie mit 54 asthmakranken Kindern. Die eine Hälfte der Kinder mit mildem bis mittelschwerem Asthma bronchiale verbrachte täglich eine Stunde am Wasserfall, während sich die zweite Hälfte in dieser Zeit als Kontrollgruppe täglich an einem Ort abseits des tosenden Wassers aufhielt. Das Resultat nach drei Wochen war eindeutig: Der Aufenthalt am Wasserfall sorgte bei allen Probanden für eine nachhaltige Verbesserung ihrer Beschwerden. Solcherart wissenschaftlich belegt, wurden die Krimmler Wasserfälle vom Land Salzburg als natürliches Heilvorkommen anerkannt, das Allergikern und Asthmatikern neue Therapieoptionen eröffnet.

Aber auch Menschen ohne Beschwerden im Atembereich oder der Lunge profitieren vom Aufenthalt im Nahbereich der Wasserfälle. Bereits nach kurzer Zeit erhöht sich bei allen Besucherinnen und Besuchern die Reinigungsgeschwindigkeit der oberen Atemwege, Schadstoffe und Schmutzpartikel werden effektiver abtransportiert. Weiters kommt es durch den Sprühnebel zu einer besseren Synchronisation von Herz und Lunge, der Sauerstoffgehalt im Blut nimmt zu, während sich der Herzschlag verlangsamt und sich ein Entspannungszustand einstellt.

Lungenfunktionsmessung am Anfang und Ende

Zu Beginn und am Ende der Aerosoltherapie am Wasserfall wird bei allen Gästen eine Lungenfunktionsmessung durchgeführt. Bei diesen Messungen gehe es darum, dass die Gäste einen Überblick über ihre Werte erhalten und ihre Fortschritte während ihres Aufenthalts messbar gemacht werden können, sagt Anna Schweiger, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der PMU Salzburg. Bei einigen Therapiepaketen sind eine telemedizinische Analyse und Beratung mit einem Lungenfacharzt sowie eine Atemschule durch Physiotherapeuten und Bewegungseinheiten inkludiert, beschreibt sie im SN-Gespräch das Angebot. "Das Zusammenspiel aus Bewegung und Aufenthalt am Wasserfall zeichnet die Therapiepakete aus", sagt Schweiger. Für sie ist es schön zu sehen, wie viele Gäste Fortschritte mit ihrer Atmung oder Beweglichkeit machen. "Anfangs brauchen sie um ein Vielfaches länger, um dieselbe Strecke zurückzulegen, als gegen Ende des Aufenthalts - das ist für viele Atemwegsgeplagte ein Riesenerfolg und wir freuen uns mit ihnen", fasst Schweiger die erfolgreiche Therapie zusammen.

Die besten Ergebnisse mit einer anhaltenden Verbesserung von bis zu vier Monaten konnten bei einer dreiwöchigen Aerosoltherapie festgestellt werden. Je öfter man sich am Wasserfall aufhält, desto nachhaltiger ist die Wirkung. Dabei kommt es vor allem auf die Regelmäßigkeit der Anwendung an. Die empfohlene Aufenthaltsdauer im Sprühnebel des Wasserfalls beträgt laut Studienergebnissen ungefähr eine Stunde.

Hilft Wasserfalltherapie auch bei COPD?

Weiter ausbauen möchte man in Krimml die Anwendungsbereiche der Wasserfalltherapie. Im Herbst erwartet der Hohe-Tauern-Health-Verein die Ergebnisse einer weiteren klinischen Studie, die während der vergangenen zwei Jahre durchgeführt wurde. Bei dieser Studie wurden Patientinnen und Patienten mit der chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung COPD begleitet. Petra Lemberger und ihr Team sind bereits sehr zuversichtlich, "bald auch in diesem Bereich maßgeschneiderte Therapiepakete anbieten zu können".