Die Zeiten ändern sich. Gefühlt rasend schnell. Die Mode, betrachtet man die aktuellen Trends, kann da nicht wirklich mithalten. Denn was jetzt "in" ist, ist fast alles schon einmal da gewesen.
Frühling/Sommer 2020: Klassiker feiern ihr Comeback
Im Frühling und Sommer 2020 gibt es nämlich ein Wiedersehen mit den Looks, die die Dekaden 1970 bis 2000 prägten. Schlaghosen und Denim-All-over, Flower-Power, Nostalgie, Patchwork, Batik und jede Menge Teile, die wie selbst gefertigt (gestrickt und gehäkelt) aussehen, kennt man aus den 1970er-Jahren. Die 1980er-Jahre, das Jahrzehnt der Yuppies, Popper und Punks, wiederholen sich mit markanten Formen (etwa in Gestalt von Schulterpolstern bei Longblazern), klaren Silhouetten und einer neuen Form von Eleganz, die die Basis für das Power Dressing 2020 bilden. Jeans wurden damals businesstauglich, Lederhosen und Cityshorts auch. Sie alle sind auch heuer Trend. Das Gleiche gilt für Neonfarben, die zu Beginn ihrer Karriere auf den Accessoirebereich beschränkt waren und sich nun über die gesamte Kleidung hermachen dürfen. Die 1990er-Jahre verpackten Frauen in Hosenanzüge und Leggings, die Mode der 2000er-Jahre bewegte sich zwischen cooler Eleganz, Sportswear, Hip-Hop und entdeckte Vintage als Trend. Und ungefähr so sieht auch die Mode für das Frühjahr aus.
Die Mode als Spiegel der Gesellschaft
Der Eindruck, vieles wiederhole sich, täuscht nicht. Will die Mode sich nicht festlegen? Kann sie nicht? Ist der einzig wirkliche Trend der, dass es keinen Trend gibt? Ist die Mode, die den Bogen nun sehr weit und großzügig spannt, gar beliebig geworden? Oder will sie - sie wird ja gemacht, um verkauft zu werden und wir legen heute immer größeren Wert auf Individualität - es einfach nur allen recht machen? Schwer zu sagen.
Vielleicht lässt sich die immense Bandbreite so erklären: Mode ist immer ein Spiegel der Gesellschaft. Und die zeigt sich derzeit so vielschichtig wie selten zuvor. Die Kluft zwischen Gewinnern und Verlierern, in allen Bereichen des Lebens, wird immer größer. Die gesellschaftlichen Umbrüche sind enorm. Ja, die Zeiten ändern sich, aber manchmal wiederholen sie sich: Wie in den 1970er-Jahren gibt es auch jetzt eine neue Frauenbewegung, wie in den 1980ern auch jetzt Umweltprobleme.
Vielleicht ist die Mode, die jetzt ein wenig einer Versuchsanordnung gleicht, einfach noch nicht reif für wirklich Neues. Und setzt, bis es so weit ist, auf modische Zitate aus Zeiten mit ähnlichen Umständen. Hat sich ja bewährt, und Bewährtes gibt Sicherheit und Zuversicht.
Farben sorgen für Optimismus
Und hier kommen die Farben ins Spiel. Nicht grundlos wurde "Classic Blue" vom amerikanischen Farbinstitut Pantone zur Farbe des Jahres gewählt. "Classic Blue" vermittle nämlich nicht nur ein Gefühl von Ruhe, Harmonie und Geborgenheit, sondern transportiere auch Optimismus und Lebensfreude. Damit diese Übung auch wirklich gelingt, bekommt Blau mit Signalrot, Orange, Koralle, unterschiedlichen Nuancen von Gelb und Türkis, Dunkelgrün, Bordeaux, Rosa, Babyblau und Lila sowie den edlen Klassikern Beige, Weiß und Grau Gesellschaft und Unterstützung. Gern wird Ton in Ton, vor allem bei den weichen Farben, kombiniert, ebenso kleidsam sind deutliche Kontraste.
Klassisch, lässig, romantisch - Mode mit mehr Spielraum
Weich fallende Kleider - dazu zählt das kniekurze klassische Hemdblusenkleid ebenso wie lange, romantisch weiße Kleider mit Rüschen und Spitzen, Kleider mit Drapierungen und Maxikleider mit wilden tropischen Prints - und Hosen, bevorzugt in gemäßigten (und deshalb herrlich bequemen) Weiten teilen sich den Platz an der Sonne. Bermudas (eng anliegend wie Leggings oder weit) geben dem Businessanzug ein neues, souverän elegantes, erfrischend lässiges Image, ebenso Hosen mit Schlag. Insgesamt sehr tragbare Mode, die mit mehr Bewegungsfreiheit und mehr Spielraum für mehr Wohlbefinden sorgt.
Nachhaltigkeit: Wird in der Mode immer wichtiger
Und: Nachhaltigkeit ist ein Thema, um das auch die Mode nicht herumkommt. Immerhin verursacht die Bekleidungsindustrie - Stichwort Fast Fashion - in einem Jahr mehr Treibhausgasemissionen als alle internationalen Flüge und Schiffe zusammen und verbraucht Unmengen an Ressourcen. Um hier tatsächlich Änderungen in Gang zu bringen, sind nicht nur Hersteller, sondern vor allem auch Konsumenten zum Umdenken (auf)gefordert. Das könnte zu einer völlig neuen Sicht auf und zu einer neuen Wertschätzung für Kleidung führen. Und damit vielleicht zu etwas wirklich Neuem in der Mode.