In 800 erlaubten Leserbriefzeichen der windkraftverliebten SN-Redaktion ihre Denkfehler und Scheuklappen vor Augen zu führen, ist wohl ein Ding der Unmöglichkeit. Nachdem uns der Lockdown ja viel Zeit zum Nachdenken beschert, seien deshalb hier vorerst nur zwei Gegenpositionen dazu aus der übrigen seriösen Medienlandschaft geliefert:
1. "Konflikte wie ... bei Windkraftprojekten im Pongau und Lungau ... wären fatal". Gewünscht sind "weitgehend Ruhe" bei Bürgern, Kommunalpolitikern und Medien (Minichberger-SN, 16.1.2021). * Dazu Energie-AG Chef Steinecker in den OÖN (14.11.2020): "Man müsste, um den Stahl der voestalpine..grüner zu machen, eine zweite Donau graben" - In gelieferte Windradleistung in OÖ oder Salzburg übersetzt heißt das, allein für diesen einen Kraftakt müssten 7000 Großwindanlagen (zu je 3 MW mit 1700 Jahresertragsstunden) aufgestellt werden. Die Umwandlung zu Wasserstoff als Speichermedium benötigt allerdings die doppelte bis vierfache Energiemenge. (Die Presse, 8.,14. Juli 2020), also in Summe mindestens 14.000 Windradgiganten zu je 200m Höhe. Für ein Projekt!
2. Wer Wind will, muss CO2-freie, klimarettende Energiegewinnung aus Wasser (SN 15.1.2021), Biomasse (Stricker-SN, 9.1.2021) und vor allem Kernenergie erst einmal schlechtreden. Nur politische Selbstmörder würden am Mantra von der "höchst riskanten Kerntechnologie" (BM Köstinger im SN-Leserbrief vom 15.1.2021), die natürlich "aus Ländern mit zweifelhaftem demokratischen Verständnis" (Minichberger, s.o.) stammt, kratzen - ist da etwa Frankreich oder gar Finnland gemeint? Nur dann kann die IG Windkraft fordern: "Wir brauchen einen nationalen Schulterschluss" (IG Windkraft - SN, 13.1.2021), also Geldtaschen auf, Augen zu, Hirn abschalten, und durch. * Dazu eine Portion Nachdenkdaten, enthalten in einem Gastbeitrag des " von der Atomwirtschaft streng unabhängigen Vereins Nuklearia e.V." in der "Zeit" (No.41, 2019), der sich die nukleare Re-Alphabetisierung Deutschlands zum Ziel gesetzt hat:
Neue Reaktoren der Generation IV könnten Deutschland mit dem in den gebrauchten Brennelementen enthaltenen ungenutzten Uran 238 zweihundertfünfzig Jahre lang emissionsfrei mit Strom versorgen. Die Lagerdauer für die 600.000m³ Atommüll verringert sich dadurch von 300.000 Jahren auf ein Tausendstel, nämlich 300 Jahre. Die in 450 Gesamtbetriebsjahren getesteten "schnellen Brenner" werden mit flüssigem Natrium mit nur sechs bar Betriebsdruck gekühlt - im Unterschied zu den 160 bar bei den bestehenden Leichtwassereaktoren, die - wie beim Super-Gau Tschernobyl - verderbensbringende Nuklearwolken produzieren können. Aber ist die Alternative dazu, dieses Feld Kernforschern im Dienst bellikoser Regime wie in Nordkorea und im Iran zu überlassen? Im SN-Interview vom 13.1.2021 stellt Verbund-Chef Michael Strugl klar, dass in den Energiestrategien der EU die Kernkraft eine "wichtige Frage [ist], der man sich stellen muss" und wir "ja keine Insel im Strommarkt" sind. Aber unser Land gefällt sich in der Rolle als einsamer Vorreiter dieser Realitätsverweigerung und will sogar den Ausstieg aus dem Euratom-Programm ertrotzen.
Wir sind halt mit zwei unangenehmen Fakten konfrontiert, zwei Geistern, die sich nicht mehr in die Flasche zurückpressen lassen, es sei denn, wir spielen sie im vorgegebenen knappen Zeitfenster gegeneinander aus: Die unleugbare Erderwärmung und die Nukleartechnologie (die auch die Hoffnung auf den ersten kommerziell erfolgreichen Kernfusionsreaktor enthält). Wer sich hingegen ausschließlich auf Windräder, Biomasse und Solarkollektoren verlassen will, kann das "höchstens einem NGO-getriebenen Politiker ohne Kenntnis der Grundrechnungsarten einreden" (Josef Urschitz, "Die Presse" vom 10.7.2020).
Zum Abschluss noch ein Zitat, dessen Quelle ich nicht mehr eruieren konnte: "Österreich ist ein Land mit wenigen unterirdischen Bodenschätzen. Unsere Bodenschätze liegen über der Erde. Es ist unsere herrliche Landschaft." Für keine Region Österreichs gilt das mehr als für unser Vorzeigebundesland Salzburg.
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