Jeder, der sich heute nicht genug darüber empören kann, dass Sebastian Kurz seinerzeit Mitterlehner von der VP-Spitze verdrängt hat, sollte sich an die damalige politische Situation erinnern. Die VP konnte trotz der Zerrissenheit der SP-geführten Kanzlerpartei nie eine Themenführerschaft erringen. Es gelang nicht einmal, den chaotischen Beginn von Christian Kerns Kanzlerschaft mit dessen widersprüchlichsten Ankündigungen zu nützen. Ausnahmslos alle Umfragen sahen damals die Volkspartei bei 20 Prozent. Die Bevölkerung hatte genug davon, dass selbst von den Regierungsparteien ständig der sinnlose politische Streit in jedes Thema getragen worden ist. Das und Kurz' klare Haltung in den drängenden Fragen der Zeit waren die Grundlagen für seinen Erfolg. Er hatte damals das kurze Zeitfenster für den Wechsel genützt. Und es war objektiv betrachtet ein Segen, denn sowohl die Koalition mit Strache's FP als auch die mit Kogler's Grünen erwiesen sich im Vergleich zur Großen Koalition als handlungsstarke Regierungen.
Wie auch immer der angebliche Justizfall Kurz enden wird, es ist unsere Demokratie, die am meisten beschädigt zurückbleibt. Denn mit der Beschlagnahme privater Nachrichten und der ungefilterten Veröffentlichung während der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen sind substanzielle Grundrechte verletzt worden. Mit solchen Methoden hätte in der Vergangenheit jede Regierung irreversibel beschädigt werden können.
Vor allem Neos und Grüne, die sich immer besonders als Hüter der Grundrechte sehen, aber auch die Medien haben in der Sache schwer versagt.