Leserbrief

Enttäuscht von "Aida"-Aufführung

An zwei Sonntagen war ich in der Oper. Zuerst in einer wunderschönen Wiederaufnahme der "Salome" von Luc Bondy (Festspielsommer 1992!) in der Wiener Volksoper. Das ist eine zeitlos schöne, moderne Inszenierung, die sich mit den Intentionen des Textdichters und Komponisten Richard Strauss vollständig vereinbaren lässt. Ein beglückender Abend.

Den Sonntag darauf erlebte ich in der Felsenreitschule ein Musikstück, das mir als "Aida" von Verdi verkauft worden war. Gesehen habe ich allerdings eine Handlung, die mit der "Aida", wie ich sie seit Jahrzehnten kenne, nur wenig zu tun hatte. Das was gespielt wurde, war die Umsetzung von zumindest überwiegend eigentümlichen Ideen eines Regisseurs und seines Teams, die sich offensichtlich mit allem Möglichen, aber sicher nicht mit Verdis "Aida" auseinandergesetzt haben. Es lohnt zwar kaum, auf dieses seichte Machwerk näher einzugehen, aber einige der abstrusesten "Ideen" muss ich kurz erwähnen, damit man meine Ablehnung des Dargebotenen auch versteht. Das Ballett mit Anzug und Aktentasche war das Lächerlichste, das ich je gesehen habe. Warum Amonasro als einziger auftretender Äthiopier offensichtlich als Versicherungsvertreter dem Pharao einige Papierln aus der obligaten Aktentasche überreichen durfte, hat sich mir wie so vieles Andere leider nicht erschlossen. Das, was ich dem Regisseur jedoch gar nicht verzeihen kann, ist der Schluss seiner angeblichen "Aida".

Das normalerweise berührende Pace der Amneris muss hier von einer Sängerin inmitten von Leuten gesungen werden und dies als "Übergag" mit einem Gegenstand in der Hand, den ich als Koffer gedeutet habe. Schauerlich! Wir müssen uns derartige Entgleisungen leider gefallen lassen, weil die Intendanz offensichtlich der Regie völlig freie Hand lässt, dies im Bewusstsein, dass sie dafür immer öfter auch einen Schmarrn bekommen kann. Leider sind auch viele Kommentatoren in der Presse der Ansicht, dass sie alles als gut befinden müssen, was da so von "Renommierten" auf die Bühne gebracht wird, denn sonst, so meinen sie offensichtlich, gälten sie nicht als Fachleute. Viel krampfhafter wie in den SN kann man eine völlig uninteressante, danebengegangene Inszenierung wohl kaum schönreden.
Ich persönlich setze mich gegen das schlechte moderne Regietheater (es gibt ja Gott sei Dank immer noch gut inszenierte Opern, man muss halt oft weit fahren, um sie zu sehen) insofern zur Wehr, als ich eine immer länger werdende Liste von Regie führenden Personen habe, deren Werke anzusehen ich mir nicht mehr antue.


Dkfm. Karl H. Biack, 5020 Salzburg

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