Der Artikel "Der Krieg hallt nach" (SN vom 24. 11.) treibt in mir die Galle hoch. Unterschwellig wird darin angeregt, nur weil der Text zum Rainermarsch aus heutiger Sicht logischerweise nicht mehr opportun ist, darauf ganz zu verzichten. Wer zwingt denn, mitzusingen? Unsere Nachbarn singen (wenn überhaupt: siehe Fußballer!) bei ihrer Bundeshymne auch nur mehr eine Strophe des Deutschlandlieds.
Aber wir Österreicher müssen wieder einmal vorpreschen und deswegen auch Josef Tanzer posthum als Komponisten ganz verteufeln. Obwohl ein Kapellmeister, im selben Artikel zitiert, eingesteht, dessen Musik sei gut. Allen nachgeborenen Besserwissern ins Stammbuch geschrieben: Sie sollten sich einmal ernsthaft überlegen, was sie wohl unter gleichen Umständen früher getan hätten! Nicht nur Tanzer, auch Herbert von Karajan hat beispielsweise vor Hitler dirigiert. Dessen Interpretationen werden immer noch kommentarlos in Bezug auf seine Vergangenheit in Rundfunk und Fernsehen gesendet. Qualität lässt sich nicht unterdrücken ...
In gedanklicher Quintessenz dürften dann nämlich in letzter Konsequenz auch die Wiener Philharmoniker am Schluss ihres Neujahrskonzerts den Radetzky-Marsch nicht mehr spielen. Das gäbe vielleicht ein Aufheulen in der Musikwelt! Aber gut: dem wurde ja kein Text unterlegt ...
Übrigens: Ich besitze auch die Gnade der späten Geburt, während mein Großvater von den Nazis hingerichtet wurde (Gedenktafel an der Andrä-Schule und Stolperstein vor dem Torbogen am Eingang zum Hellbrunner Park)!