Es macht Freude, in den SN den Leitartikel über "Analphabeten des Herzens" von Christian Resch lesen zu können. Ein Thema, das man sonst kaum zu lesen bekommt. Herzensbildung, Demut, ja, das sind alte Worte, aber das, was sie sagen wollen, ist höchst aktuell. Auch das Wort Höflichkeit ist eher selten. In der Politik erlebt man derzeit diesen negativen Stil sehr stark, leider. Es geht nicht um den Stil allein, sondern um die Herabsetzung von Menschen, die sich darin ausdrückt. Wie Resch deutlich macht, die Grenzen werden viel zu oft überschritten. Von der Selbstoptimierung zum übersteigerten Narzissmus, vom gesunden Selbstwertgefühl zur Egomanie. Die Machtgier scheint in der Politik zu dominieren, dafür gibt es, um mitmischen zu können, Kompromissbereitschaft bis zum Gehtnichtmehr. Selbsterkenntnis, Selbsteinschätzung, Selbstreflexion sind oft wenig entwickelt gegenüber dem sich allmächtig dünkenden Tarzan- und Superman-Gefühl.
Nicht so viel vom Wir-Gefühl nur zu reden, sondern sich selbst mehr um (mehr) Reife zu bemühen, das wäre wichtig. Und auch nicht auf sich, auf sein aufgeplustertes Ego selber hereinzufallen. Was Albert Schweitzer einmal gesagt hat, finde ich, könnte als Kompass dienen, auch oder gerade im öffentlichen Bereich und in Machtzentralen: "Die Reife, zu der wir uns zu entwickeln haben, ist die, dass wir an uns arbeiten müssen, immer schlichter, immer wahrhaftiger, immer lauterer, immer friedfertiger, immer sanftmütiger, immer gütiger, immer mitleidiger zu werden" (A.Schweitzer). Eine immer zu übende Dauer-Aufgabe für ein gesundes selbstbewusstes und natürlich selbstreflexives Ich und gegen die Risiken und Gefahren von Machtbesessenheit, Egomanie und Egozentrismus.