Zum Leserbrief von Dr. Wolfgang Jezek vom 2. 1. 2021 auf den Artikel "Schwangere sucht Arzt" (SN vom 18. 12. 2020) möchte ich Folgendes ergänzen.
Ich selbst bin Kassenpsychiater in Mittersill seit 2012. Grund für meine Bewerbung auf den Kassensitz im Land Salzburg ist die besondere Art der Zeit- und Leistungshonorierung. Während bei der Kassenärztlichen Vereinigung in Deutschland praktisch nur "Kopfpauschalen" honorierbar sind, also Fälle im Quartal, ist der Honorarvertrag zwischen Salzburger Ärztekammer und ÖGK für das Land Salzburg so ausgelegt, dass Patienten durchaus mehrmals im Quartal behandelt werden können. Dies wird derzeit mit einer Deckelung der Fallzahl bzw. verschiedener Leistungsziffern verknüpft, was sicherstellen soll, dass tatsächlich Qualität vor Quantität honoriert wird.
In Zeiten wie diesen (Coronakrise mit unterschiedlichen Ängsten in der Bevölkerung, Arbeitslosigkeit, Ungewissheiten etc.) ist diese Deckelung jedoch unzeitgemäß und führt dazu, dass Patienten abgewiesen werden müssen oder wir Kassenpsychiater nicht mehr ökonomisch vertretbar arbeiten können. Dies zeigt sich in zunehmendem Ärger von auf später vertrösteten oder abgewiesenen Patienten bis zu einer massiven Zunahme von Suiziden im Vergleich zu vergangenen Jahren.
Noch besteht bei mir nicht der hohe Frustrationsgrad wie beim Kollegen Jezek. Es ist jedoch eine Minute vor zwölf, um das österreichische Gesundheitssystem noch vor weiterer Zunahme einer Zwei- oder sogar Dreiklassenmedizin und der Flucht bestens ausgebildeter Vertreterinnen und Vertreter des Gesundheitssystems zu bewahren. Dies umso mehr, als derzeit die politisch Verantwortlichen sich scheinheilig hinter der Coronapandemie verstecken, die tatsächlich aber nicht dazu in der Lage war und ist, andere Krankheiten in ihrer Auftretenswahrscheinlichkeit zu verringern.
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