Es sind nicht Sommerfestspiele, es ist nicht mehr Advent, es ist noch nicht Mozartwoche, und Karwoche und Pfingsten sind noch weit entfernt. Es ist nur Weihnachten und Silvester und ich, die ich das ganze Jahr Fahrrad fahre, erlaube mir am 30. Dezember mit dem Auto ausnahmsweise zum Einkaufen zu fahren, weil ich - wohnhaft am Elisabethkai - keinen Supermarkt in der Nähe habe, von dem ich eine größere Menge Getränke mit dem Fahrrad sicher nach Hause bringen könnte. Von öffentlichen Verkehrsmitteln ganz zu schweigen, diesbezüglich habe ich die Alternative, über den Müllnersteg zum Müllnerhügel, Station Bärenwirt, zu gehen, oder über den Rosenhügel bis zum Mirabellplatz, was in jede Richtung gleich weit und jeweils mit einer Steigung verbunden ist und dann bin ich noch nicht da, wo ich die Getränke bekomme.
Auch die Ausfahrt mit dem Auto von meiner Liegenschaft lässt mir jede Wahl, denn links reicht der Stau vom Gebirgsjägerplatz bis zum Paracelsusbad und rechts blickend sehe ich die Doppelkolonne vom Landestheater bis zur Christuskirche reichend. Ich entscheide mich für rechts, ich möchte unter anderem zum Augustinerbräu, der über Lehenerbrücke oder Staatsbrücke, von da, wo ich wohne, gleich weit entfernt ist. Ich stelle mich in den Stau und wähne mich in Deutschland, ich sehe nur überdimensionierte SUV mit bundesdeutschen Kennzeichen, zu Weihnachten glaubte ich noch in Mailand an einem Ferienwochenende zu sein. Der Franz-Josefs-Kai ist von SUV zum Rotkreuz-Parkplatz blockiert, weshalb ich das Neutor wähle, aber alle deutschen SUV wollen auch durch die Gstättengasse, die so zugeparkt ist, dass der SUV vor mir nicht einmal Schritttempo fährt. An der Pferdeschwemme bleibt er bei Grün stehen, um sein Navi zu bedienen, und trotz meines mir peinlichen Hupens findet er sein Ziel erst bei Rot und erst dann arbeitet sein Gehirn wieder, wie ich an dem an den Kopf getippten Zeigefinger erkennen kann, der mir wohl sagen will, wie blöd ich bin.
Ich freue mich auf die Reichenhaller Straße, dort wollen die Touristen nicht hin. Die vor mir nicht, aber die, die vor der Mönchsberggarage oder eigentlich in der Neutorstraße nicht mehr warten wollen, schon. Sie scheren im 90-Grad-Winkel aus der Warteschlange aus und schießen - sichtlich genervt und deshalb ohne zu schauen - in die Reichenhaller Straße, vor allem auch ohne Rücksicht darauf, dass ich dort von rechts komme und Vorrang habe.
Ergebnis: drei deutsche SUV vor mir, die etwas suchen, und an deren teuren Autos die Blinker nicht funktionieren. Sie finden leere Parkplätze einer Arztpraxis, ich sehe Schilder mit Abschleppdiagrammen, aber das ist nicht mein Problem.
Endlich! Freie Fahrt für freie Salzburger, 500 m die Augustinergasse entlang, dann bin ich auf einmal auch auf einem Parkplatz. Der Bräustübl-Parkplatz ist auf die Straße verlegt. Die Fahrzeuge stehen kreuz und quer, sie kommen aus drei Richtungen, die Motoren laufen, denn alle Rücklichter leuchten und alle haben ein Ziel, die Einfahrt zum Parkplatz. Jetzt nicht verzagen, ich will ja keinen Parkplatz, sondern Bier, und bahne mir einen Weg durch die Wartenden, bis ich merke, dass die Schlange, die sich trotz grüner Ampel keinen Meter bewegt, die Schlange zum Rampenverkauf ist, die mit fünf Autos schon auf die Straße reicht. Das heißt 20 Autos und eine geschätzte Stunde. Und in dem Moment blinke ich links, mein Blinker funktioniert ja und begebe mich Richtung Gaswerkgasse, die, kaum dass ich in die Unterführung eingebogen bin, auch wie ein einziger Parkplatz wirkt. Warum, klärte sich gleich.
In der Ignaz-Harrer-Straße bewegte sich nichts, aber jedenfalls das erste Fahrzeug vor der Kreuzung mit der Ignaz-Harrer-Straße blinkte links und bestätigte mir endgültig, dass die Blinker der teuren SUV kaputt sind, weil genau dort konnte ein linker Blinker nicht blinken, weil man dort nicht abbiegen darf, weil man nicht abbiegen kann. Der Lenker dieses Fahrzeugs dürfte aber seinem Blinker so vertraut haben, dass er schon die vierte Ampelphase versuchte, das zu tun, was sein Blinker von ihm wollte, was aber nicht ging, weil immer, wenn er grün hatte, war in der Ignaz-Harrer-Straße kein Platz, um nach links einzubiegen. Und darum standen wir immer noch in der Gaswerkgasse, ohne auch nur einen Meter weitergefahren zu sein. Die Lenker hinter dem Linksblinker maßregelten ihn auch nicht, weil sie allesamt Landsleute von ihm waren und wahrscheinlich selbst nach links abbiegen wollten, oder überhaupt aus einem anderen Kulturkreis stammten.
Bis ich in der Schwarzstraße wieder zu Hause war, sind jedenfalls am Ende eineinhalb Stunden weg gewesen, ohne dass ich mit Getränken nach Hause gekommen wäre. Und jetzt frage ich die Verantwortlichen, die handelnden Politiker, wann wir Salzburger endlich daheim so leben dürfen wie andere in Europa auch, nämlich jene, die das ganze Jahr mittlerweile unsere Stadt mit ihren Autos verstopfen und dazu beitrugen, dass wir in meinem Umfeld keine Geschäfte des täglichen Lebens mehr haben. Warum muss ich jedes Mal erst die Polizei holen, wenn ich nach Hause komme und mein Auto abstellen möchte, warum kann ich zwischen Weihnachten, einem Familienfest, und Silvester nicht "mal schnell" Getränke für die Familie holen fahren, ohne einen halben Nachmittag erfolglos unterwegs zu sein?
Unsere Grundstückseinfahrt von der Schwarzstraße her wird mindestens zehn Mal im Jahr so blockiert, dass wir rechtliche Hilfe benötigen, warum? In Venedig fahren die Menschen auch mit ihren SUV nicht auf den Markusplatz und trotzdem verdient die Stadt. Alle parken in teuren Parkhäusern, je näher an der Stadt, umso teurer, und bei uns kostet ein polizeiliches Parkticket auf einem Bewohnerparkplatz 25 Euro pro Tag. Ich würde auch nicht in eine Parkgarage fahren und im absoluten Zentrum für 25 Euro pro Tag parken, besser geht es ja nicht.
Was treibt unsere Stadtpolitik zu diesem Kniefall vor den Besuchern und ihren Fahrzeugen und der völligen Ignoranz gegenüber den Bewohnern? Venedig ist das beste Beispiel, dass es anders geht, aber mittlerweile ganz Europa. Piran in Kroatien hatte schon vor 15 Jahren eine Schranke für ortsfremde Fahrzeuge, warum geht das in Salzburg nicht? Es fehlt am Willen. Vier Parkhäuser an den Einfallsstraßen, nachhaltig, mit PV-Anlage und begrünt und alle fünf Minuten ein Shuttlebus. Kein zehn Meter langer Doppelgelenksbus, kleine wendige Busse, die diese Stadt sowieso schon lange braucht, aber dafür nicht alle 15 Minuten, in der ich zu Fuß die halbe Stadt durchwandere, sondern alle fünf Minuten und das Netz so dicht, dass niemand so wie ich die Wahl haben muss, 440 m in die eine oder 450 m in die andere Richtung zum Bus zu gehen. Das muss doch in einer Hochkulturstadt wie Salzburg möglich sein und dennoch warten wir schon 40 Jahre darauf. Die Stadt verträgt keinen Individualverkehr, genauso wenig wie Reisebusse. Wann versteht man das in dieser Stadt endlich und wann hat einmal jemand den Mut, Außergewöhnliches anzupacken? Hier schaut man immer auf andere. Warum machen wir nicht etwas Neues, Eigenes, Revolutionäres, was uns andere nachmachen?
Flächendeckende elektrische Mobilität ohne Warten, was ja so einfach wäre, wenn endlich alle Autos aus der Stadt wären. Ohne Stau flitzen ständig elektrische Kleinbusse durch die Stadt, rund um die Uhr, selbstverständlich inklusive Altstadt, und in die Stadt wird nur noch geliefert und auch Bewohner gibt es noch.
Ich träume weiter, das mache ich seit 40 Jahren.