Leserinbrief zu "Bräuche geben im Leben Halt wie ein Stiegengeländer" in den SN vom 27. Dezember 2019:
Michael Greger tut sich schwer mit Begriffen wie "heidnische" Bräuche. Seiner Ansicht nach seien Bräuche wie der Adventkranz oder der Christbaum christlichen Ursprungs. Das trifft auf die Bezeichnungen zu, doch die Symbolik, zur Wintersonnenwende den immergrünen Tannenbaum als Symbol des Lebens zu feiern und der Kranz, gebunden aus immergrünen Zweigen, als Symbol des Jahreskreises, reicht viel weiter zurück als das Christentum.
"Zur Zeit des Nationalsozialismus sei versucht worden, christlich geprägten Bräuchen einen germanischen Ursprung zu geben", so Michael Greger im Beitrag der SN vom 27. Dezember. Zur Zeit der Missionierung wurde nicht nur versucht, sondern mit Verboten, Zwang und Gewalt effektiv die Verdrängung, Vereinnahmung und Umformung der vorchristlichen Rituale und Bräuche im Jahreslauf betrieben.
Kirchenmänner wie Josef-Klaus Donko, Dompfarrer von Maria Saal, sind sich dessen noch bewusst: "Kärnten ist in seinen Wurzeln heidnisch mit einem christlichen Zuckerguss drüber." Das gilt nicht nur für Kärnten, sondern genauso für Salzburg oder die steirische Heimat von Michael Greger. Auch Prälat Dr. Johannes Neuhardt sprach anlässlich einer Preisverleihung des Kardinal-König-Kunstfonds "Das Christentum ist eben chemisch rein nirgendwo zu haben." Aufgeschlossene Vertreter der katholischen Kirche scheinen mit dem heidnischen Ursprung der heute als "christlich" gelebten Bräuche weniger Probleme zu haben als der Leiter des Salzburger Landesinstituts für Volkskunde, welcher die christliche Bezeichnung als Erklärung für den Ursprung der Bräuche anführt.
Seltsam und skurril anmutende Deutungen entspringen diesem Versuch: Den Brauch der Ostereiersuche als spirituelle Suche nach den Keimen des neuen Lebens zum Frühlingsbeginn, profaniert Michael Greger in seinem Buch "Brauch und Jahr - neue und überlieferte Bräuche im Bezirk Liezen" mit dem christlichen Fastengebot, das in der Fastenzeit auch den Verzehr von Eiern untersagte. Diese "respektable Eier-Ansammlung musste konsumiert werden". Die Erklärung, weshalb aus diesen Eiern nicht einfach Kuchen und Eierspeise gemacht wurde, sondern sie rot gefärbt, verziert und versteckt wurden, bleibt er schuldig.
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