Leserbrief

Volksanwaltschaft rügt Konradinum-Neubau in Eugendorf

Die Volksanwaltschaft ist ein hervorragendes Mittel, um Missstände aufzudecken und zu beseitigen. Das ist die eine Seite. Was Volksanwalt Kräuter laut "Salzburg Aktuell" vom 27. 2. 19 über das Konradinum in Eugendorf von sich gibt, aber leider eine andere. Wenn Kräuter bedauert, dass die Insassen zu wenig in die Planung einbezogen worden wären, so kann ich nur sagen, dass er vom Umgang mit behinderten Menschen sicher nur von der Ferne weiß. Noch dazu, wo nach meinem Wissensstand das Konradinum zumindest in einem hohen Maß ein Hort für schwer beeinträchtigte Klienten ist.
Beeinträchtigte Menschen können unmöglich für völlig anders Behinderte entscheiden, was für jene gut ist. Die meisten können es nicht einmal für sich selbst. Wenn Herr Kräuter so einfühlsam ist, dass er aus den behinderten Bewohnern - und zwar von jedem - im Gespräch herausbekommen kann, was der oder die Einzelne möchte (und zwar jeden Tag und nicht aus einer momentanen "Laune" heraus), dann soll doch er selber die Insassen des Konradinums befragen und deren Bedürfnisse weitergeben.
Meine Frau und ich leben seit 1970 mit unserem schwer beeinträchtigten Sohn im selben Haushalt. Dieser ist zwar in der Lage, selbstständig sehr viele Dinge zu tun - wie zum Beispiel allein mit dem Bus zu seinem Arbeitsplatz in St. Virgil zu fahren, oder im Haushalt mit zu helfen - dennoch wäre er nicht in der Lage zu artikulieren, was er z. B. in unserem Haus anders als wir haben möchte. Und das, weil er völlig taub und mittelstark autistisch ist. Was dies an Kraft, Zeit und Geduld für uns bedeutet hat, ihn wenigstens so weit zu bringen, kann nur annähernd verstehen, wer selbst ein schwer beeinträchtigtes Kind großziehen darf. Also, konstruktive Beiträge von den Bewohnern des Konradinums zu ihrer Wohn- und Lebenssituation zu erwarten, die noch dazu für alle gleichermaßen wichtig sind, ist schlicht und ergreifend Bullshit. Und ich bin sicher, dass die Verantwortlichen im Fall Konradinum ihre Aufgabe sehr ernst und mit Engagement wahrnehmen.


Komm.Rat Walter Braun, 5020 Salzburg

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