Leserbrief

Wie hoch ist die Gefahr für einen Radioaktivitätsaustritt?

Wie Strahlenschutzexperte Clemens Walther im SN-Interview vom 26. 7. 2023 feststellt, können Minen die Stahlbetonhülle eines AKW und dann noch den Reaktordruckkessel in der Tat unmöglich durchschlagen. Dazu bräuchte es ungleich massiveren militärischen Beschuss.
Es sollte aber nicht der Eindruck entstehen, nur so könnte es zu einem bedrohlichen Radioaktivitätsaustritt und zu einer Verseuchung großer Flächen und Bevölkerungsteile kommen. Der viel verwundbarere Anlagenteil und damit Auslöser einer Ereigniskette bis hin zum Super-GAU ist die Kühlwasserleitung. Deren vergleichsweise dünne Rohrwände können, absichtlich oder unabsichtlich, relativ leicht so beschädigt werden, dass die Kühlwasserzufuhr zum Reaktorkern unterbrochen wird. Fällt die Kühlung des Reaktorkerns längere Zeit aus, wird die Zerfallswärme der radioaktiven Elemente im Kern nicht mehr abgeführt. Zu schlechter Letzt kommt es zur Kernschmelze und zur Explosion des Reaktorkessels. Damit schließlich zu Radioaktivitätsaustritt à la Tschernobyl oder Fukushima.
Wenn ein Atomreaktor wie aktuell in der ukrainischen Anlage Saporischschja auf den drucklosen "Wärmezustand" oder gänzlich - in den Kaltzustand - heruntergefahren wird, ist obiges Risiko, wie Experte Walther sagt, seinerseits stark vermindert. Immerhin aber muss die Nachzerfallswärme - zwischen 200 und 400 Grad - weiterhin ununterbrochen weggekühlt werden, wofür eine intakte Kühlwasserleitung unerlässlich ist: "Bei vollständigem Ausfall der Kühlung können durch die Nachzerfallswärme Schäden am Reaktor bis hin zur Kernschmelze eintreten." (www.chemie.de/lexikon)

Heinz Stockinger, Salzburger Plattform gegen Atomgefahren (PLAGE)

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