
Dank an alle Mütter, die bei Kriegsbeginn, als ihre Männer einrücken mussten, allein zurückblieben! Ich gehöre einer Generation an, wo es in der Kindheit, aber auch später als heranwachsende Frau, nicht üblich war, intensiv Fragen zu stellen, wie es der Mutter damals ergangen ist, als ihr Mann in den Krieg ziehen musste.
Meine Mutter ist schon lange nicht mehr am Leben, aber heute würde ich sie mit Fragen bombardieren und könnte ihr meine verspätete Bewunderung zeigen. Vielleicht war es auch gar nicht erwünscht, die Kinder mit dieser Horrorzeit zu belasten, doch ich denke schon, dass sie im hohen Alter, wenn sie es erlebt hätte, mehr aus sich herausgegangen wäre, als mich nur mit kurzen Erwähnungen abzuspeisen.
Nicht nur, dass sie ihren zehnjährigen Sohn zu betreuen hatte, der an Knochentuberkulose erkrankt war und größtenteils bettlägerig war, wurde sie, hochschwanger mit mir, aus der kleinen Wiener Stadtwohnung aufs Land evakuiert, zu Bauern, wo sie zwar geschützter als in der Großstadt, aber überhaupt nicht willkommen war. Es mussten ja schließlich alle Naturalien mit den "verordneten" Neuankömmlingen geteilt werden. Aber vor allem: Tag für Tag mit dem Gedanken zu leben, ob sie ihren Mann, meinen Vater, jemals wieder sehen würde und vor allem, wohin nach Kriegsende, möglicherweise als Witwe mit zwei Kindern - denn daheim in Wien war ihr Zuhause von einer Bombe zerstört worden. Das alles tut mir heute leid, dass man nie den richtigen Moment gefunden hat, viel mehr aus dieser Zeit zu erfahren, vor allem über die Gefühle der Mutter in dieser schwierigen und unmenschlichen Zeit.
Im Grunde waren sie alle Heldinnen, die zurückgelassenen Frauen.
Christina Tröscher