
"Man muss anfangen, wenn Unrecht geschieht, denn nach dem Unrecht kommt die Gewalt.", sagte Agnes Primocic, geb. 30.1.1905 in Hallein. Sie war eine der mutigsten Widerstandskämpferinnen in unserem Land. Aus einer sehr armen Arbeiterfamilie stammend, begann sie mit 16 Jahren in der Tabakfabrik Hallein zu arbeiten. Sie schaffte es, dass durch den Zusammenhalt der Frauen, den sie organisierte, die Arbeiterinnen trotz der schlechten Zeiten einen relativ guten Lohn erhielten. Unter der austrofaschistischen Regierung wurde sie viermal verhaftet und eingesperrt. Nach dem Anschluss war sie mit ihren sozialen Projekten den Nazis ein Dorn im Auge. Immer wieder wurde sie von der Gestapo abgeholt und für Wochen weggesperrt, obwohl sie zwei kleine Kinder zu Hause hatte, den Ehemann und den ältesten Sohn an der Front. Es gelang ihr in den letzten Kriegstagen, als die Amerikaner schon vor den Toren Salzburgs standen, 17 Personen aus dem KZ Hallein (Außenstelle des KZ Dachau) unter Einsatz ihres Lebens zu befreien. Während des Krieges organisierte sie finanzielle Hilfe für Mütter mit Kindern, deren Ehemänner von den Nazis inhaftiert worden waren. Sie war überzeugt, dass Zusammenhalt und Teilen zu einer humanistischen und gerechten Gesellschaft führen. Durch ihr organisatorisches Talent konnte sie so vielen Menschen ein Überleben sichern. Sie konnte nicht still halten. Sie musste helfen. Ihr Ehemann kehrte nicht aus dem Krieg zurück. Nach dem Krieg wurde sie Stadträtin für Soziales in Hallein. Bis ins hohe Alter hielt sie Vorträge in Schulen, um von den Gräueltaten der Vorkriegszeit und vor allem der Nazi Herrschaft zu berichten. Lang wurde ihr die gebührende Anerkennung verweigert, erst 2005 wurde sie mit dem goldenen Verdienstkreuz des Landes Salzburg geehrt. Am 14. 4. 2007 starb sie hochbetagt im Altersheim Hallein. Eine mutige Frau mit einem unsagbar großen Herzen.
Gabriele Waach