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Hitzewellen und Dürren nehmen global stark zu

In Indien und Pakistan leidet die Bevölkerung seit März unter extremen Temperaturen. In den vergangenen 20 Jahren nahmen Dürreperioden weltweit um fast ein Drittel zu.

Ein Mann und ein Bub gehen im ausgetrockneten Bett des Flusses Yamuna in Neu-Delhi.
Ein Mann und ein Bub gehen im ausgetrockneten Bett des Flusses Yamuna in Neu-Delhi.

Seit dem Jahr 2000 sind Zahl und Dauer von Dürreperioden global gesehen um 29 Prozent gestiegen. Das geht aus dem UN-Dürrebericht hervor, der auf der 15. Weltbodenkonferenz im westafrikanischen Abidjan, der ehemaligen Hauptstadt und heutigen Wirtschaftsmetropole der Elfenbeinküste, am Mittwoch vorgestellt wurde. Der wirtschaftliche Schaden durch Dürren wird für 1998 bis 2017 mit rund 124 Milliarden Dollar (117 Mrd. Euro) beziffert.

"Land trocknet aus, fruchtbarer Boden verwandelt sich in Staub", warnte Ibrahim Thiaw, Exekutivsekretär des internationalen Abkommens zum Schutz der Böden (UNCCD). "Dürren gehören zu den größten Bedrohungen einer nachhaltigen Entwicklung." Doch während dramatischer Mangel an Wasser, Verlust fruchtbaren Landes und anhaltende Trockenheit bisher vor allem unterentwickelte Länder wie etwa im Sahel getroffen hätten, seien zunehmend auch andere Regionen betroffen. Thiaw bezeichnet vermehrte Dürren auch in Europa als "Weckruf für die Europäer".

Allein in diesem Jahr sind nach UN-Angaben nahezu 160 Millionen Kinder schwerer und anhaltender Dürre ausgesetzt, mehr als 2,3 Milliarden Menschen weltweit sind unzureichend mit Wasser versorgt. Bis 2040 könnte nach UN-Schätzungen jedes vierte Kind weltweit von Wassermangel betroffen sein.

Eine Entspannung ist nicht in Sicht: Im Jahr 2050 könnten mehr als drei Viertel der Weltbevölkerung von Dürre betroffen sein. Dem Bericht zufolge dürften dann zwischen 4,8 und 5,7 Milliarden Menschen in Gebieten leben, in denen mindestens für einen Monat im Jahr Wassermangel herrscht. Derzeit gilt das für 3,6 Milliarden Menschen.

Ein aktuelles Beispiel für die Auswirkungen ist Südasien. Seit zwei Monaten leiden die Menschen in Indien und Pakistan unter einer beispiellosen Hitzewelle mit Temperaturen von über 40 Grad. Mehr als eine Milliarde Menschen sind betroffen. Abgesehen von gesundheitlichen Beschwerden sind schwerwiegende wirtschaftliche Folgen zu erwarten. Klimaforscher sind von den extremen Temperaturen nicht überrascht - sie sehen darin nur einen Vorgeschmack auf eine nahe Zukunft mit häufiger unerträglicher Hitze in Südasien. "Diese Hitzewelle könnte Tausende Menschen töten", warnt Robert Rohde vom US-Klimaanalyseinstitut Berkeley Earth mit Blick auf die hohen Temperaturen seit März.

Laut der indischen Regierung nahm die Sterblichkeit durch Hitze in Indien seit 1980 um mehr als 60 Prozent zu. Zuletzt gab es 2015 und 2019 Hitzewellen mit vielen Todesopfern. Der Chef der Weltorganisation für Meteorologie (WMO), Petteri Taalas, spricht von einer "Kaskade der Auswirkungen" der Hitze auf die Landwirtschaft sowie die Wasser- und Energieversorgung. Überdies verschlechtert sich die Luftqualität durch hohe Temperaturen, und das Brandrisiko steigt.

Für Klimaforscher waren die zunehmenden Hitzewellen zu erwarten. "Wir haben seit Langem gewarnt, dass sich solche Katastrophen anbahnen", sagt etwa der Biologe Camilo Mora von der University of Hawaii. "Diese Erdregion und die meisten tropischen Gebiete zählen zu den Gebieten, die am anfälligsten für Hitze sind." In einer viel beachteten Studie hatten Mora und sein Team 2017 prognostiziert, dass bis zum Ende dieses Jahrhunderts fast die Hälfte der Erdbevölkerung mindestens 20 Tage jährlich einer "tödlichen Hitze" ausgesetzt sein werde. Dies gelte auch, wenn die Erderwärmung auf zwei Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter begrenzt würde. Derzeit steuert die Welt laut Weltklimarat IPCC jedoch auf eine Erwärmung von 2,8 Grad zu.

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