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Kardinal Stanislaw Dziwisz - Wojtylas treuer Diener wird 80

Der polnische Kardinal Stanislaw Dziwisz, emeritierter Erzbischof von Krakau und vier Jahrzehnte lang Privatsekretär von Papst Johannes Paul II. (1978-2005), vollendet am 27. April sein 80. Lebensjahr.

<strong>Kein Vollstrecker:</strong> Stanislaw Dziwisz und Johannes Paul II. im Jänner 2004. 
<strong>Kein Vollstrecker:</strong> Stanislaw Dziwisz und Johannes Paul II. im Jänner 2004. 

Dziwisz zählt zu den bekanntesten und beliebtesten Geistlichen seines Heimatlandes und ist bis heute darum bemüht, die Erinnerung an den Papst aus Polen wachzuhalten und dessen Pontifikat zu verteidigen. In den vergangenen Wochen nahm er Johannes Paul II. auch gegen Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Umgang der Kirche mit Missbrauchsfällen in Schutz.

"Johannes Paul II. hat das Böse nicht unterschätzt und erst recht nicht versteckt", sagte Dziwisz jüngst in seiner Predigt zum 14. Todestag des polnischen Papstes am 2. April. Der Papst habe die Kirche in "absoluter Treue zum Evangelium" geleitet: "Ohne ihn wären Polen, Europa und die Welt anders." Dziwisz nannte indes die aktuellen Vorwürfe gegen den 2014 Heiliggesprochenen nicht direkt beim Namen. Vielmehr sagte er: "Die jüngsten Versuche, die moralische Autorität von Johannes Paul II. zu untergraben, können beunruhigen." Es werde der Verdacht erweckt, der Wojtyla-Papst habe nicht richtig auf das Böse reagiert.

Ziemlich sicher meint der Kardinal damit Anschuldigungen, das einstige Oberhaupt der katholischen Kirche habe Kinder zu wenig vor sexueller Gewalt durch Priester geschützt. Ende März veröffentlichte er dazu die Stellungnahme "Johannes Paul II. gegen den sexuellen Missbrauch in der Kirche". Die Meinungen, er habe "schleppend" auf den Missbrauch reagiert, "widersprechen den historischen Fakten", schrieb Dziwisz. Dazu listet er unter anderem auf, wie der Papst 1994 in den USA und zwei Jahre später in Irland mit einer "Null-Toleranz-Politik" pädophile Verbrechen bekämpft habe.

Johannes Paul II. hatte Dziwisz stets sein Vertrauen geschenkt. Direkt nach dem Abitur war der Kirchenmann 1957 in das Priesterseminar der südpolnischen Metropole Krakau eingetreten. Im Oktober 1966 machte Johannes Paul II. ihn zu seinem Kaplan und Sekretär. Er blieb es bis zum Tod des Papstes. Dabei verstand er sich auch als Türöffner für einfache Pilger aus Polen, Deutschland und anderen Ländern, die den Heiligen Vater treffen wollten. Dziwisz ermöglichte ihnen manchmal unkompliziert die Teilnahme an Frühmessen mit dem Papst.

Da Dziwisz Johannes Paul II. damals schon so lange diente, konnte er ihm viele Gedanken von den Augen ablesen - und von den am Ende fast sprachunfähig werdenden Lippen. Trotzdem war es manchen im Vatikan nicht ganz geheuer, wenn Dziwisz gegen Ende immer öfter mit dem Satz "Der Heilige Vater wünscht..." Dinge entschied und anordnete.

Für den treuen Diener war die Last am Ende unerträglich. Als Johannes Paul II. tot war, strahlte Dziwisz neben Trauer auch Erleichterung aus. Dazu trug sicher auch bei, dass der deutsche Nachfolger im Papstamt, Benedikt XVI., den langjährigen Privatsekretär seines Vorgängers schon sehr bald zum Erzbischof von Krakau ernannte und ihn zum Kardinal beförderte.

In den Jahren nach dem Tod seines Meisters entwickelte sich Dziwisz zu einer Art kirchlichem Nachlassverwalter von Johannes Paul II. Am Rande von Krakau ließ er rasch ein großes Sanktuarium für ihn errichten und kümmerte sich um seine Heiligsprechung.

Dziwisz kam jedoch nie in die Versuchung, seinem Mentor nacheifern zu wollen. Auch in der Polnischen Bischofskonferenz übernahm er, trotz des traditionell großen Gewichts des Krakauer Erzbischofssitzes, eine zwar sichtbare, aber keine dominante Rolle. Im Dezember 2016, fünf Monate nach dem Krakauer Weltjugendtag mit Papst Franziskus, trat er als Erzbischof in den Ruhestand.

In Vorträgen und Büchern hat Dziwisz seine Jahre mit dem Papst aus Wadowice ausführlich geschildert. Umstritten war seine Entscheidung, die persönlichen Aufzeichnungen von Johannes Paul II. nach dessen Tod nicht zu vernichten. Gegen den ausdrücklichen testamentarischen Wunsch des Papstes bewahrte Dziwisz die Notizen für die Nachwelt auf.

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