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Loveparade-Prozess gegen die meisten Angeklagten eingestellt

Achteineinhalb Jahre nach der Loveparade-Katastrophe ist der Prozess gegen die meisten Angeklagten ohne Strafen zu Ende gegangen. Das Duisburger Landgericht stellte das Verfahren gegen sieben der zehn Beschuldigten am Mittwoch ohne Auflagen ein. Drei Angeklagte, die eine Geldauflage in Höhe von etwa 10.000 Euro hätten zahlen sollen, lehnten eine Einstellung ab. Gegen sie wird weiterverhandelt.

Bei der Duisburger Loveparade 2010 starben 21 Menschen
Bei der Duisburger Loveparade 2010 starben 21 Menschen

Die Einstellung erfolge "auf Kosten der Staatskasse", sagte der Vorsitzende Richter Mario Plein am 101. Verhandlungstag des bisherigen Mammutprozesses, der aus Platzgründen in einem Kongresszentrum der Düsseldorfer Messe stattfindet. Die Entscheidung der Duisburger Strafkammer war erwartet worden, nachdem die Staatsanwaltschaft und die sieben Angeklagten am Dienstag der Einstellung zugestimmt hatten.

Der Loveparade-Prozess gilt als einer der aufwendigsten Strafprozesse der Nachkriegszeit in Deutschland. Bei dem Techno-Festival waren im Juli 2010 in Duisburg in einem Gedränge 21 junge Menschen zu Tode gedrückt und mehr als 650 verletzt worden. Im Dezember 2017 begann die Aufarbeitung vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft warf den Verantwortlichen schwere Planungsfehler vor.

Der Vorsitzende Richter bat um Vertrauen in das Gericht und seine Unabhängigkeit. Er werde zum Ende des Verfahrens in einer Schluss-Feststellung ausführen, wie sich aus Sicht des Gerichts Schuld und Verantwortung an der Loveparade-Katastrophe verteilen. Die individuelle Schuld der Angeklagten sei gering oder allenfalls als mittelschwer anzusehen, hatte das Gericht zuvor bereits argumentiert. Neben Planungsfehlern sieht das Gericht ein kollektives Versagen vieler Personen am Veranstaltungstag als mitverantwortlich für das Unglück.

Mehrere Nebenklage-Anwälte und Angehörige von Opfern hatten die Einstellung kritisiert. Nach wie vor bestehe ein öffentliches Interesse an einer Aufklärung, argumentierten sie. Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link zeigte Verständnis für die Enttäuschung. "Die bisherigen Prozesstage haben gezeigt, wie schwierig die Suche nach ursächlicher, individueller Schuld ist - und um diese geht es im Strafrecht", sagte er. "Ich verstehe allerdings auch, wenn die Angehörigen der Opfer und die Menschen, die auf der Loveparade verletzt und traumatisiert wurden, enttäuscht sind."

Unter den sieben Beschuldigten, für die der Prozess nun endet, sind sechs damalige Mitarbeiter der Stadt Duisburg sowie ein Mitarbeiter des Loveparade-Veranstalters Lopavent. Die drei Angeklagten, für die der Prozess weitergeht, waren beim Veranstalter Lopavent beschäftigt.

Als einen Grund für ihre Zustimmung zur Einstellung hatte die Staatsanwaltschaft den Umstand genannt, dass am 28. Juli 2020 die Verjährung eintritt. Das nach dem Gesetz für ein Urteil erforderliche Beweisprogramm könne bis dahin auch bei größter Anstrengung nicht absolviert werden. In den vergangenen 14 Monaten hat das Gericht 59 Zeugen und acht Sachverständige vernommen.

Verteidiger Gerd-Ulrich Kapteina nannte die Einstellung "absolut nachvollziehbar". "Die Anklagevorwürfe haben sich bei meinem Mandanten nicht bestätigt, die Planungsfehler lagen nicht bei der Bauaufsicht", sagte er.