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Was vor 200 Jahren gelernt wurde

Reise in die Vergangenheit. 1818 gab es keinen Bus, keine Hefte und gesungen wurden Kirchenlieder.

In Arnsdorf kann man eine Schulstunde wie vor 200 Jahren erleben. Das Zeugnis von einst kann heute kaum jemand lesen.
In Arnsdorf kann man eine Schulstunde wie vor 200 Jahren erleben. Das Zeugnis von einst kann heute kaum jemand lesen.
Ein Schulzeugnis aus dem Jahr 1818.
Ein Schulzeugnis aus dem Jahr 1818.

Kalt ist es im Schulhaus. "Habt ihr mir Holzscheite mitgebracht?", fragt Frau Gruber die Schüler. Sie braucht dringend Holz zum Einheizen, damit es auch im Klassenzimmer warm wird. Maria Gruber ist die Frau von Franz Xaver Gruber. Seinen Namen habt ihr vielleicht schon einmal gehört: Er hat die Melodie des Weihnachtsliedes "Stille Nacht, heilige Nacht" komponiert. Dass dieses Lied im Jahr 1818, also genau vor 200 Jahren, zum ersten Mal gesunden wurde, wird heuer mit einem großen Jubiläum gefeiert.

Franz Xaver Gruber war Dorfschullehrer in Arnsdorf, einem kleinen Ort im Flachgau. Eine Volksschule gibt es dort immer noch. In dem uralten Gebäude befindet sich aber auch ein Museum und ein Klassenzimmer, das so aussieht wie jenes, in dem der berühmte Gruber unterrichtet hat. Im heurigen Advent können alle interessierten Kinder in die Welt von 1818 eintauchen (www.stillenachtregion.com).

Habt ihr zum Beispiel gewusst, dass Schüler früher zwei bis drei Stunden bei Wind und Wetter zu Fuß gehen mussten, um in die Schule zu kommen? Einen Schulbus gab es damals ja noch nicht. Schulpflicht bestand aber für jedes Kind von sechs bis zwölf Jahren. Oft blieben die Kinder daheim, weil ihre Eltern, die meisten Bauern waren, sie als Arbeitskraft benötigten. Dass ihre Kinder dann nicht Rechnen, Schreiben und Lesen lernten, war für diese Eltern nicht so schlimm - sie konnten das ja selbst auch nicht. Wer das Schulgeld nicht zahlen konnte, gab dem Kind Naturalien mit auf dem Weg: Fleisch, wenn gerade geschlachtet wurde, im Sommer das, was der Garten hergab, im Winter eben auch einmal ein Holzscheit. Frau Gruber sorgte dann dafür, dass es warm in der Schule wurde. Und sie gab den älteren Schülerinnen ihre Hausarbeitskenntnisse weiter: Nähen, Stricken, Socken stopfen. War eine Hose zerrissen, wurde sie geflickt. Fast alles musste ewig weitergegeben werden. Geschäfte gab es nur in der Stadt.

Auch Schulbücher mussten jedes Jahr weitergegeben werden - Papier war kostbar. Schulhefte gab es gar nicht, die Kinder schrieben mit Kreide auf Schiefertafeln. Der Lehrer verwendete einen Stock, mit dem nicht nur auf die große Tafel gezeigt wurde. Oft wurde damit auch den Kindern auf die Finger geklopft. Statt elektrischem Licht gab es Kerzen.

Ein Zeugnis von vor 200 Jahren könnte heute kein Kind mehr lesen, denn damals schrieb man in Kurrentschrift, die im Zweiten Weltkrieg abgeschafft wurde.

Auch mitbeten könnte heute noch kaum jemand, das tägliche Gebet wurde damals auf Latein gesprochen. Gesungen wurden nur Kirchenlieder. Darüber wachte der Herr Pfarrer, der auch der Religionslehrer war. Er führte auch genau Buch, wie oft anwesend und wie fleißig jedes Kind war. Das "sittliche Betragen" jedes Einzelnen wurde dokumentiert.

Hier gibt's den Artikel als pdf zum Downloaden.

KOMMENTARE (1)

Patricia Outland

Danke für den schönen Artikel, Frau Mackinger! Die nächsten Schulstunden #WieWarDasDamalsHerrLehrer im Rahmen der #ArnsdorferSternstunden sind am 8. und 9. Dezember... ;-) Wir freuen uns auf Kinder, Mama & Papa, Oma & Opa! Anmeldung unter +43 6274 6334 oder verein@stillenachtarnsdorf.at ♥ #200JahreStilleNachtArnsdorf
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