"Vergiss es, das ist nichts für mich." Das sagte der Schauspieler Wolfgang Bahro im Jahr 1992 wenige Monate nach dem Start über die neue RTL-Serie namens "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" (GZSZ). Rund 7500 Folgen später feiert die täglich ausgestrahlte Vorabendserie ihren 30. Geburtstag. Das soll in einer Jubiläumsfolge in Spielfilmlänge (am Donnerstag, 12. Mai, 19.40 Uhr) gebührend zelebriert werden.
Wie wurde aus dem einstigen "Laientheater" eine der erfolgreichsten Serien der deutschen TV-Geschichte?
In der Hauptrolle der Jubiläumsfolge wird eines der wichtigsten GZSZ-Gesichter zu sehen sein: Wolfgang Bahro alias Jo Gerner. Als GZSZ-Urgestein Wolfgang Bahro im Jahr 1992 angefragt wurde, wollte er gar nicht zu GZSZ. "Es gab am Set in der Mehrheit sehr viele gut aussehende Models, die aber alle nicht schauspielern konnten. Das war eher Laientheater. Auch am Set sah es anders aus als heute: Wenn man die Tür zuschlug, wackelte die ganze Dekoration", erinnert sich Bahro im dpa-Interview. Schnell sagte er seiner Agentin, dass das nichts für ihn sei.
Die überredete ihn aber zum Casting. Als er danach das Weite suchen wollte, stand schon der Produzent vor ihm - mit einem Paar Schuhe für die Rolle des "charmanten Schlitzohrs" Jo Gerner. Bahro hörte auf seine Agentin, die ihm zur Zusage riet, um TV-Erfahrungen zu sammeln. Nach zwei Monaten könne er immer noch aufhören. Der Rest ist bekannt: Seit dem 1. Februar 1993 (Folge 185) ist der 61-Jährige als Gerner zu sehen. Seine Rolle ist mittlerweile eine Serienlegende.
Einen ersten Zuschauerrekord gab es am 22. Juni 1998, als 6,73 Millionen Menschen die 1500. Folge der Serie anschauten. Im Rahmen dieser Episode hatte der damalige Ministerpräsident Niedersachsens und spätere deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder einen Gastauftritt. Weitere prominente Gäste waren unter anderen Thomas Gottschalk, Hape Kerkeling und eine Band, die 1994 durch ihren Auftritt sogar einen Hype auslöste: die niederländische Boygroup Caught in the Act ("Love is Everywhere"). Die beste Einschaltquote der Seriengeschichte fuhr GZSZ am 24. Juni 2002 mit Folge 2500 ein, 7,14 Millionen sahen zu.
Damals wie heute war und ist GZSZ für viele Schauspieler ein Sprungbrett für spätere Karrieren. GZSZ-Stars sangen 1998 und 2003 die jeweils meistverkauften Hits des Jahres. Ende der 90er wurde GZSZ zur gefeierten Jugendserie, die Schauspieler sammelten Bravo-Ottos und wurden zu Teeniestars, die plötzlich sogar Lieder rausbrachten. "Mir war das fast peinlich, dass das so ein Schema wurde", erinnert sich Wolfgang Bahro. Aber die Hits stürmten die Charts.
Oliver Petszokat ("Oli P.") landete gleich zwei Nummer-eins-Hits, seine Debütsingle "Flugzeuge im Bauch" war nach Angaben der deutschen Gesellschaft für Konsumforschung die am meisten verkaufte deutschsprachige Single 1998. Auch Jeanette Biedermann und Yvonne Catterfeld starteten durch GZSZ als Sängerinnen durch. Catterfelds Nummer-eins-Hit "Für dich" war 2003 ebenfalls die meistverkaufte deutschsprachige Single des Jahres.
Einem RTL-Sprecher zufolge stehen am Set in Potsdam insgesamt 25.800 Kostümteile in der GZSZ-Garderobe zur Verfügung, darunter 480 Paar Schuhe, davon allein 400 Paar Damenschuhe. Auch in der Maske gibt es einen ordentlichen Verschleiß. Dort werden an den Drehtagen, die übrigens größtenteils zwischen 7.00 Uhr und 18.45 Uhr stattfinden, jährlich durchschnittlich 8000 Wattestäbchen und 23 Kilo Deckpuder verbraucht, ein bis zwei Liter Kunstblut, sechs Liter Nagellack und zehn Liter Nagellackentferner.
GZSZ wird von der Potsdamer Serienschmiede UFA Serial Drama produziert, die etwa auch für Serien wie "Unter uns", "Alles was zählt" oder "Verbotene Liebe", die von 1994 bis 2015 lief, verantwortlich ist.
Schauspieler können bei GZSZ mittlerweile ins Drehbuch eingreifen. Sie können beim Autorenteam Themenvorschläge machen - und sagen, wenn ihnen Szenen zu abstrus sind. Das komme aber kaum noch vor, wie Bahro erzählt. "Früher hat man die Rollen verbogen, um Geschichten zu machen. Heutzutage achten wir im Drehbuch darauf: Wird die Figur dabei verletzt? Ist das authentisch?"
Die realistische Rollenentwicklung ist für Ulrike Frank, die bei GZSZ seit 20 Jahren Katrin Flemming spielt, ein Grund für den Erfolg, wie sie der Agentur dpa sagte: "Wir wollen alle gemeinsam glaubwürdige Geschichten erzählen." Die Serie sei immer "frisch und aktuell" geblieben.
Im Mittelpunkt der Jubiläumsfolge wird Jo Gerner stehen, teilte RTL bereits im Vorfeld mit. Der GZSZ-Bösewicht ist auf der Flucht vor der korrupten Polizei und seinem Feind Bajan Linostrami. Was dann passiert, soll hier nicht verraten werden. So viel sagt Bahro selbst über die Jubiläumsfolge: "Jo Gerner versucht Beweise zu finden, um den wahren Täter zu überführen. Dabei begibt er sich in lebensgefährliche Situationen."