Wer nach den kritischen Analysen der Inseratenzahlungen der österreichischen Bundesregierung an die heimischen Tageszeitungen in den Jahren 2018 und 2019 Besserung erhofft hatte, wurde enttäuscht. Wie die vom Medienhaus Wien realisierte Studie "Scheinbar transparent III" zeigt, sind auch 2021 die Gratismedien die größten Profiteure der Regierungswerbung. Und ein nachvollziehbares Konzept sei nach wie vor nicht sichtbar, sagt Studienautor Andy Kaltenbrunner, der eine "Kakophonie der Kommunikation nach jeweils beliebigem, persönlichem und parteipolitischem Befinden" ortet.
Die höchsten Inseratenumsätze von Bundeskanzleramt und Ministerien erzielten im vergangenen Jahr die "Kronen Zeitung" (7,11 Millionen Euro), gefolgt von "Österreich"/oe24 (4,74 Millionen Euro) und "Heute" (4,67 Millionen Euro). Damit haben diese drei Blätter - zwei von ihnen sind Gratiszeitungen - einen Anteil von 59 Prozent aller Regierungsausgaben für bezahlte Einschaltungen in Print- und Onlineausgaben. Insgesamt hatte die türkis-grüne Regierung im Jahr 2021 mehr als 28 Millionen Euro für sogenannte Medienkooperationen mit Zeitungsverlagen ausgegeben, die Gesamtsumme für "bezahlte Informationen" betrug knapp mehr als 45 Millionen Euro. Mit knapp 850.000 Euro sei etwa den SN die Millionenhöhe verwehrt geblieben, betonte Andy Kaltenbrunner: "Die Schwankungsbreite ist sehr groß, wir sehen da schon auf den ersten Blick eine große Differenz." Im selben Jahr hätten die Buchungen der Bundesregierung im Social-Media-Bereich - also etwa für Facebook, Google, YouTube - mit 1,16 Millionen Euro einen Rekord erreicht. Nach welchen Kriterien von der Regierung geworben worden sei? Andy Kaltenbrunner: "Wir haben ob der Richtlinien angefragt, aber keine Antworten erhalten".
Stellt man die durchschnittliche Leserzahl der Tageszeitungen den Gesamtausgaben der Bundesregierung für Medien gegenüber, zeigt sich, dass der Kontakt mit einer Leserin oder einem Leser im Vorjahr im Schnitt 4,12 Euro kostete. Die Ausgabenliste nach Zeitungstiteln führt "Österreich/oe24" mit einem Inseratenerlös von 8,30 Euro pro Kopf an. Mit Respektabstand folgen "Heute" (5,93 Euro) und "Die Presse" (5,10 Euro). 3,53 Euro pro Leser gingen an die SN, 3,08 Euro an die "Kleine Zeitung" und 2,20 Euro an den "Standard". Fazit des Studienautors: "Die Verteilung ist unverhältnismäßig und erklärungsbedürftig - sofern man Erklärungen bekommen würde." Als positive Ausnahme nannte Andy Kaltenbrunner mehrfach das Umweltministerium.
Nach der Inseratenaffäre hatte Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) heuer eine Neuordnung von Medienförderungen und Inseratenschaltungen angekündigt. Bislang wurden, sagt Kaltenbrunner, noch keine Lehren gezogen. Bei der Neuaufstellung seien Medienwissenschafter eingebunden gewesen: "Ob es was bewirkt, wird man sehen."