Bei der Eröffnung im Kulturzentrum Treibhaus zeigten sich Vertreter aus Politik und Wissenschaft erfreut über die Initiative der Festivalgründer Benedikt Sauer und Markus Schennach, mit der nicht zuletzt auf die Bedeutung von Qualitätsjournalismus für die Demokratie hingewiesen werden soll. Die Eröffnungsdiskussion widmete sich der Hilfe für Exiljournalisten.
Bundespräsident Alexander Van der Bellen meinte per Videogrußbotschaft, das Journalismusfest sei notwendig. Dabei verwies er auf die "besorgniserregende Talfahrt" Österreichs im Pressefreiheitsranking von Reporter ohne Grenzen. "Wir müssen uns eingehend damit beschäftigen, wie wir diese stoppen und auch umkehren", so Van der Bellen. Dafür lohne es sich, über den Tellerrand auch in andere Länder zu schauen. Die ganze Welt sei derzeit auf der Suche nach Antworten unterschiedlichster Krisen. Das Festival werde sich einigen dieser Fragen widmen.
Tirols Landeshauptmannstellvertreterin und Klimaschutzlandesrätin Ingrid Felipe (Grüne) gratulierte Sauer und Schennach, dieses "Highlight auf der Agenda der Landeshauptstadt" auf die Beine gestellt zu haben. "Journalismus ist manchmal Partner, manchmal Gegner, manchmal anstrengend, manchmal hilfreich, aber letztlich unerlässlich. Wir brauchen ihn, um Botschaften unter die Leute zu bringen, aber auch, um uns kritisch zu hinterfragen", merkte Felipe an. "Wir verlernen zunehmend, zwischen Wahrheit und Lüge zu unterscheiden", warnte der Innsbrucker Bürgermeister Georg Willi (Grüne) mit Blick auf die Datenflut der heutigen Zeit. Hochwertiger Journalismus sei daher wichtiger denn je, um durch diese zu navigieren.
Tilmann Märk, Rektor der Universität Innsbruck, die wie das Land Tirol das Festival unterstützt, betonte, die Gemeinsamkeiten von gutem Journalismus und guter Wissenschaft: qualitativ hochwertige Recherche bzw. Untersuchung. "Gerade in Zeiten von Social-Media-Blasen, Fake News und Hasspostings ist das gegenseitige Verständnis von Qualitätsmedien und Wissenschaft unerlässlich, um lösungsorientiert die große Herausforderungen der Zukunft zu besprechen", so Märk.
Nicht zu vernachlässigen ist die Herausforderung für geflohene Journalistinnen und Journalisten, im Exil ihre Arbeit fortzuführen, wie die erste Podiumsdiskussion des Festivals zeigte. Daniela Kraus, Geschäftsführerin des Presseclubs Concordia, bemängelte, dass es in Österreich zwar vonseiten einzelner Redaktionen Bemühungen gebe, aber noch keine systematische Unterstützung für Exiljournalisten vorhanden sei. Dass es noch nicht viele Journalisten auf der Flucht nach Österreich getrieben habe, sei auch darauf zurückzuführen, dass kein Signal an sie ausgesendet werde. "Logische Andockstelle" für geflüchtete Journalisten wären Community- und freie Medien. Diese hätten schon viel Erfahrung in diesem Bereich gesammelt, doch fehle es ihnen an Ressourcen, konstatierte Kraus.
In Deutschland wurde mittlerweile von Reporter ohne Grenzen (RSF), der Rudolf Augstein Stiftung und der Schöpflin Stiftung ein europäischer Fonds für Journalismus im Exil gegründet. Notwendig sei das, weil viele Journalisten im Exil "sehr oft zu anonymen Geflüchteten" würden, ohne ihre professionelle Arbeit fortführen zu können, wusste Christian Mihr, Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen Deutschland.
Man habe zuletzt etwa in der Ukraine und Russland den Zusammenbruch kompletter Medienlandschaften erlebt. Kollegen von dort wollten im Exil weiterarbeiten, würden aber mitunter an dafür nötigen Projektanträgen und dergleichen scheitern, so Mihr. Der seit knapp sieben Wochen aktive Fonds soll hier ansetzen und schnell und flexibel Geld ausschütten, ohne dass sich die Antragsteller lange mit Formalien beschäftigen müssen. Elf Förderungen wurden bereits ausgegeben - etwa an ins Ausland geflohene Redakteure der russischen kremlkritischen Zeitung "Nowaja Gaseta".
Von Freitag bis Sonntag wartet das Festival mit rund 50 großteils kostenlosen Veranstaltungen wie Diskussionen, Lesungen, Ausstellungen und Filmvorführungen auf, wobei 111 Mitwirkende aus 21 verschiedenen Ländern dafür nach Tirol kommen.