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Akutfälle teilweise erst nach zwei Stunden im Spital

Der Wiener Stadtrechnungshof hat sich angeschaut, wie viel Zeit verstreicht, bis schwer kranke oder schwer verletzte Personen von der Berufsrettung an ein Spital übergeben werden. Das Ergebnis: Bei einem Viertel der Patienten dauerte es mehr als zwei Stunden bis zur Aufnahme. Grund dafür war die zeitintensive Suche nach einer Versorgungsmöglichkeit für die Betroffenen.

Übergabe durch Wiener Rettung an Spitäler untersucht
Übergabe durch Wiener Rettung an Spitäler untersucht

Im Fokus der Überprüfung, deren Ergebnis am Donnerstag in Form eine Berichts veröffentlicht wurde, stand die Koordinierung des Ablaufes der Übergabe von schwer kranken bzw. verletzten Personen durch die Wiener Rettung (MA 70) an Spitäler des Wiener Krankenanstaltenverbundes (KAV). Dabei handelt es sich etwa um Patienten mit einem Schlaganfall, Herzinfarkt, Verbrennungen oder Vergiftungen.

Dafür zogen die Prüfer 40 Beispiele heran, die von der Rettung als "problematisch" beurteilt worden waren. Auswahlkriterium für die Fälle, die sich zwischen Mai 2016 und Juni 2018 ereigneten, war eine auffallend lange Zeitdauer von der Alarmierung der Einsätze bis zur Abgabe der Patienten in einer Krankenanstalt, hieß es im Bericht.

Die Untersuchung der Fälle legte offen, wie umständlich teils die Suche nach einer rasch verfügbaren, geeigneten Versorgung der Patienten im Akutfall sein kann. Zwar verfügen die Rettung und die KAV-Spitäler seit Jahren über ein gemeinsames elektronisches Datenverarbeitungsprogramm zur Koordination der verfügbaren Spezialbetten, die in solchen Fällen benötigt werden. Aber: "Trotzdem musste die Rettungsleitstelle oftmals vor den Rettungszufahrten in die Krankenanstalten zeitintensive Telefonate mit unterschiedlichsten Ansprechpersonen in der Unternehmung Wiener Krankenanstaltenverbund führen", hieß es im Bericht.

Der Grund dafür war, dass das Datenverarbeitungssystem nicht immer die tatsächlich aktuelle Zahl an freien Betten und Aufnahmemöglichkeiten lieferte. Daher rief die Rettungsleitstelle auf der Suche nach einer Versorgungsmöglichkeit häufig in mehreren Spitälern an. Gründe für die Ablehnung von Rettungszufahrten waren zum Beispiel, dass alle Spezialbetten belegt seien oder das letzte noch freie für den Eigenbedarf reserviert sei. Auch mit mangelnden personellen Kapazitäten wegen der Versorgung von kurz zuvor aufgenommenen Patienten wurde argumentiert. In letzter Konsequenz war in Einzelfällen eine Transferierung nach Niederösterreich als letzter Lösungsansatz angesehen worden.

Nach der Veröffentlichung des Berichts haben die kritisierten Stellen spontan eine Pressekonferenz einberufen. Es wurde betont, dass bereits Gegenmaßnahmen gesetzt wurden. Michael Binder, medizinischer Direktor des KAV, bezeichnete dabei die langen Wartezeiten für Akutpatienten als "absolut inakzeptabel". "Wir nehmen die Erkenntnisse des Rechnungshofes sehr ernst", sagte er.

Nachdem der Rechnungshof den KAV über die Prüfungsergebnisse informiert hatte, habe man sofort mit Maßnahmen reagiert, so der medizinische Direktor. Seither würde etwa in Echtzeit abrufbar sein, in welchem Krankenhaus wie viele Betten zur Verfügung stehen. Das betreffende Computerprogramm sei zum Zeitraum der Überprüfung des Rechnungshofes "nicht auf dem aktuellen Stand" gewesen und Wartungsarbeiten unterzogen worden, gestand man am Mittwoch ein.

Durch die Verbesserung des Betteninformationssystems wären auch nur mehr maximal zwei Anrufe im jeweiligen Krankenhaus notwendig, erklärte Rainer Gottwald, Leiter der Berufsrettung Wien. Damit könne man Zeit sparen. Das gemeinsame Ziel sei nun, 80 Prozent der Patienten innerhalb von 15 Minuten an ein Spital zu übergeben. Patienten mit besondere medizinischen Herausforderungen sollen innerhalb von 25 Minuten einen sicheren Platz in einem Krankenhaus haben.

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