Unter dem Stichwort "Containment 2.0" hat Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) am Donnerstag die nächsten Schritte im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus vorgestellt. Ein zentraler Schwerpunkt dabei sei eine zielgerichtetere Testung. Zuallererst in den 918 Alters- und Pflegeheimen, denn dort werden laut Anschober demnächst alle insgesamt 130.000 Menschen, auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, getestet. Dies stellt eine enorme Ausweitung der Testungen dar, denn bisher hat Österreich insgesamt 157.000 Coronatests durchgeführt.
Nicht mehr nur Verdachtsfälle sollen getestet werden
Weiters führte Anschober aus: "Getestet werden nicht mehr nur Verdachtsfälle." In der ersten Phase habe es so viele Verdachtsfälle gegeben (was auch durch einen Ansturm auf die Hotline 1450 belegt wurde), dass darüber hinaus wenig Kapazitäten vorhanden waren. Schnelligkeit sei der Schlüssel: "Wenn wir zu viel Zeit verlieren, steigt das Risiko von Ansteckungen."
Weiters sollen die Mitarbeiter in Gesundheitsberufen sowie Handelsangestellte in großer Zahl auf Covid-19 getestet werden. Schon jetzt habe Österreich eine der höchsten Testungsraten in Europa, vergleichbar mit der Schweiz, Deutschland und Italien, mehr aber als Spanien oder Großbritannien.
Verbesserungen stellte Anschober für die 24-Stunden-Pflegekräfte in Aussicht. Derzeit müssen die ausländischen Pflegerinnen bei der Einreise ein aktuelles Attest vorweisen oder in eine 14-tägige Quarantäne: "Wir prüfen, ob wir das durch einen Test verkürzen können."
Massiver Rückgang der aktiven Kranken
Zuversichtlich zeigte sich Anschober, was Medikamente zur Behandlung der Erkrankung angeht. Schon in den nächsten Monaten könne hier "etwas Positives auf uns zukommen". Ziel sei aber in jedem Fall, die Zahl der Erkrankungen niedrig zu halten. Die aktuellen Zahlen seien für Österreich sehr ermutigend, auch die aktuell in Spitalsbehandlung befindlichen Erkrankten (967) und auf Intensivstationen behandelten Menschen (238) überlaste das System noch nicht. Der wichtige Faktor R0, also wie viele weitere Personen ein Infizierter ansteckt, ist laut Anschober auf 0,65 gefallen. Diese im internationalen Vergleich sehr gute Zwischenbilanz solle "nicht aufs Spiel gesetzt" werden: "Es ist alles andere als selbstverständlich, dass wir das Virus unter Kontrolle gekriegt haben." Der Blick in Länder, wo es nach anfänglichen Erfolgen wieder aufgeflackert ist, sollte Warnung sein.
Die Zahl der bestätigten Infektionen abzüglich Genesener und Toter ging am Donnerstag auf 5.063 zurück. Das bedeutet ein Minus von 781 Fällen bzw. 13,4 Prozent (Stand 9.30 Uhr). Bisher wurden 14.459 Österreicher positiv auf das Coronavirus getestet. Mehrere hundert Menschen, nämlich 888, sind in den vergangenen 24 Stunden wieder genesen, das bedeutet ein Plus von elf Prozent. Somit haben sich insgesamt laut Innenministerium 8.986 nach einer SARS-CoV-2-Infektion wieder erholt.
Einen Anstieg gab es allerdings bei den Zahlen der mit oder an einer SARS-CoV-2-Infektion Verstorbenen. Im 24-Stunden-Vergleich sind laut Gesundheitsministerium 17 Todesfälle zu beklagen, eine Zunahme auf insgesamt 410 Fälle.
Nehammer: Verhalten der Bevölkerung sei "beeindruckend"
Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) unterstrich, dass die Polizei weiterhin einen wichtigen Beitrag beim Unterbrechen von Infektionsketten leiste. Vorerst werde hier das "manuelle" Kontaktpersonen-Management fortgeführt, sprich durch Befragungen ermittelt, mit wem Infizierte zuvor Kontakt hatten. Der Einsatz der Corona-App des Roten Kreuzes sei als Ergänzung dazu "eine Option", bekräftigte Rudolf Anschober auf Nachfrage.
Nehammer lobte das Verhalten der Menschen: "Es ist beeindruckend, wie gut die Österreicher das umsetzen. Die Maßnahmen sind im kollektiven Bewusstsein der Menschen verankert." Vom "Flächenbrand" am Beginn der Pandemie sei man dadurch nun in eine Phase gekommen, in der "Glutnester" zu bekämpfen seien.
Erfreulich beurteilt der Minister auch, wie sich die Ausbreitung von "Fake News" entwickelt habe. Die Bürger würden Nachrichten sehr viel kritischer konsumieren, auch die Medien leisteten einen wichtigen Beitrag zu konstruktiver Berichterstattung.
Zur Festlegung, welche Arbeitnehmer zur Coronarisikogruppe zählen und deshalb Anspruch auf Heimarbeit oder Dienstfreistellung haben, erklärte Rudolf Anschober, man sei "noch im Arbeitsprozess drin". Ein Fachgremium müsse die Abgrenzung auf wissenschaftlicher Ebene durchführen. Genaue Informationen dazu seien nächste Woche zu erwarten. Der Gesundheitsminister bestätigte damit im Wesentlichen einen Bericht der "Salzburger Nachrichten" vom Donnerstag.