Freispruch im Chorherr-Prozess

Freisprüche für Chorherr und all seine Spender

Ex-Grün-Politiker soll Geld für Sozialprojekte gesammelt und im Gegenzug die Spender bei Widmungen begünstigt haben. Das Gericht sah "keinen Missbrauch in irgendeiner Form".

Der Hauptangeklagte Christoph Chorherr nach Ende des Prozesses

Schlussendlich war das Urteil im Korruptionsprozess gegen den Ex-Grün-Politiker Christoph Chorherr ein klares: Nach rund drei Stunden Beratungszeit verkündete am Montag der Vorsitzende des Schöffensenats, Richter Michael Tolstiuk, die Freisprüche für Chorherr und sämtliche Mitangeklagten. Er begründete die Freisprüche damit, dass "kein Missbrauch in irgendeiner Form" festgestellt werden konnte. Es seien zwar Gelder geflossen - insgesamt etwa 1,6 Millionen Euro -, aber eben an den von Chorherr 2004 gegründeten gemeinnützigen Verein s2arch. Hinweise auf kriminelle Handlungen habe es jedenfalls nicht gegeben. Ein Zusammenhang mit Widmungen sei nicht zu erkennen.

Lob und Tadel

Die Streitparteien waren sich davor auch am elften und letzten Verhandlungstag nichts schuldig geblieben. Weder der Vertreter der Anklagebehörde, also der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), noch der Verteidiger des ehemaligen Wiener Grün-Politikers Christoph Chorherr, Richard Soyer, wollten die Gelegenheit verpassen, in ihren Schlussplädoyers ein letztes Mal sämtliche Register zu ziehen.

Es ging um Spenden, die der ehemalige Stadtpolitiker für seinen Verein, der Schul- und Kinderprojekte in Afrika betreibt, gesammelt hat. Denn im Gegenzug soll sich Chorherr, so die Anklage, bei Widmungsverfahren den Spendern gegenüber großzügig gezeigt haben. Bestechlichkeit und Amtsmissbrauch, so die Vorwürfe. Fazit des Anklägers von der WKStA: "Jemand bezieht Spenden von Personen, die massives Interesse an dessen Position haben. Das gehört in jedes Lehrbuch für Korruption."

Chorherr-Verteidiger Soyer wiederum startete seinen Schlussvortrag mit einer Lobeshymne auf den Staatsanwalt. Wie angenehm dessen einstündiger Vortrag gewesen sei, wie wertschätzend und sachlich. "Trotzdem: Es war mir zu spekulativ und zu unterstellend." Er, Soyer, "möchte nicht so herumschwadronieren". Das Beweisverfahren habe keinerlei Ergebnisse gebracht, die eine Verurteilung rechtfertigten. Außerdem sei Chorherr zu dem Zeitpunkt, an dem er die Spenden sammelte, gar nicht amtsführender Planungsstadtrat gewesen, sondern "nur" Planungssprecher der Grünen. "Er hatte weder de jure noch de facto Entscheidungsmacht." Deshalb: "Nicht schuldig."

Nichtigkeitsbeschwerde angemeldet

Nahezu wortgleich argumentierten die Rechtsvertreter der Mitangeklagten. Darunter Immobilieninvestor René Benko, der Industrielle Michael Tojner und die Immobilienentwickler Erwin Soravia und Günter Kerbler sowie der Ex-Investmentbanker Wilhelm Hemetsberger. Sie alle wurden schließlich vom Vorwurf der Anstiftung zu Amtsmissbrauch und Bestechlichkeit freigesprochen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, denn die WKStA hat Nichtigkeitsbeschwerde angemeldet.