Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) sagte am Donnerstag: "Europa ist derzeit das Epizentrum der Pandemie. Besonders dramatisch ist die Situation in Italien. Es gibt völlig überbelegte Intensivstationen in der Lombardei. Unser Ziel ist es, derartige Situationen, massivst mit allen demokratischen Möglichkeiten vermeiden wollen. Ich bin überzeugt davon, dass wir das schaffen." Er betonte außerdem, dass er optimistisch sei, die Krise mit Ruhe, Optimismus und konsequenten Maßnahmen zu bewältigen.
"Die Zunahme ist weiter drastisch. Wir sind noch nicht dort, wo wir hinwollen, nämlich bei einer Abflachung der Kurve", sagte Anschober. Positiv hob er hervor: "Wir haben anders als Italien eine ausgeglichene Altersverteilung unter den Erkrankten."
Hoffnung mache, dass von diesen Erkrankten derzeit nur 68 Personen in Krankenhäusern behandelt werden müssen, elf Coronavirus-Patienten befinden sich in Intensivstationen.
Zu den aktuellen Zahlen: Mittlerweile habe es 14.000 Tests in Österreich gegeben, vor allem bei Verdachtsgruppen. Etwa bei Menschen, die Grippesymptome haben. Laut Anschober gibt es viele Menschen, die glauben, an Coronavirus erkrankt zu sein, dabei handle es sich aber um Grippe.
Anschober sprach von einer nach wie vor drastischen Zunahme der Fälle: "Wir sind noch nicht da, wo wir hinwollen." Ungewöhnlich ist die Altersstruktur bei den Erkrankten, die im Vergleich etwa zu Italien (80 Jahre), in Österreich ist die Gruppe der 45- bis 55-Jährigen sowie die Gruppe der um die 25-Jährigen. In Österreich seien vergleichsweise wenige alte Menschen betroffen.
"Ein Meter Abstand"
Zum Thema Grippe sagte Anschober: Normalerweise betrage die Zahl der Influenza-Patienten um diese Jahreszeit bis zu 70.000, derzeit seien es 110.000. Laut Prognosen werde es heuer 635 Grippe-Todesfälle geben. Die noch laufende Influenza-Welle sollte aber in zwei Wochen auslaufen, sagte Anschober. Dadurch würden wieder mehr Kapazitäten in den Krankenhäusern zur Verfügung stehen. Kurhäuser und Reha-Zentren (wie zum Beispiel jene in Großgmain oder Bad Hofgastein ) werden geschlossen und sollen zur Entlastung der Krankenhäuser beitragen.
Im Alltagsleben der Österreicher gelte derzeit eine lebensrettende Grundregel, sagte Anschober: "Ein Meter Abstand." Denn jeder Einzelne ist Teil der Lösung.
Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) berichtete von massivem Rückgängen bei öffentlichem Verkehr (90 Prozent) und Individualverkehr (45 Prozent). Parks und Spielplätze werden nicht mehr geschlossen, aber die Ein-Meter-Regel müsse unbedingt eingehalten werden.
Jede Form von Gruppenbildung ist nur erlaubt, wenn der Abstand von einem Meter eingehalten wird. Das sei entscheidend, um die Infektionskette zu unterbrechen. Die Polizei werde darauf drängen, dass diese Maßnahme im öffentlichen Raum eingehalten werden, führte er aus.
Anschober ergänzte: "Ich habe den Eindruck, dass sich 90 Prozent, ja 95 Prozent der Bevölkerung an diese Regeln bereits hält. Aber es geht um die fünf Prozent, die das ignorieren. Diese fünf Prozent hauen uns alles zusammen. Wir müssen auch diese fünf Prozent erreichen, damit steht und fällt alles."
Internetkriminalität steigt
Nehammer wies darauf hin, dass derzeit Betrüger in Zusammenhang mit der Coronakrise im Internet scheinbar verlockende Angebote machen: "Da werden etwa völlig unbrauchbare Schutzmasken angeboten." Wer dubiose Angebote bekomme, solle sich an die Sicherheitsbehörden wenden.
Nehammer bittet weiter von Grenzübertritten abzusehen. Das soll Verkehrsstaus, wie zuletzt an der ungarischen Grenze, verhindern. Spezialeinheiten Österreichs beobachten Vorgänge an der griechisch-türkischen Grenze. "Die Situation hat sich beruhigt", stellte Nehammer fest. Seine Devise lautet weiterhin: "Wir setzen auf robusten Grenzschutz und humanitäre Hilfe vor Ort."
2203 Infizierte in Österreich - Sechs Todesopfer
Die Zahl der bestätigten Coronavirus-Infektionen in Österreich ist bis Freitag (Stand 08:00 Uhr) auf 2203 gestiegen. Die höchste Zahl der Covid-19-Fälle registriert weiterhin Tirol mit 490, im benachbarten Vorarlberg waren es bis Freitagfrüh 179, berichtete das Gesundheitsministerium.
Aus Niederösterreich wurden 317 positive Test gemeldet, in Wien lagen Daten über 277 bestätigte Ansteckungen vor, in der Steiermark waren es 299, in Oberösterreich 399, in Salzburg 147, im Burgenland 32 und in Kärnten 63. Bisher wurden 15.613 Testungen durchgeführt.
Sechs Todesfälle im Zusammenhang mit SARS-CoV-2 galten als bestätigt, zwei in Wien und drei in der Steiermark und einer in Oberösterreich. Die Zahl der genesenen Patientinnen und Patienten gab das Ministerium mit neun an, zwei in Tirol, fünf in Wien und zwei in Niederösterreich.
Alle Tiroler Gemeinden unter Quarantäne
Das ganze Bundesland Tirol wird jetzt als Corona-Risikogebiet erachtet. Tirol setzte Mittwochabend eine drastische Maßnahme gegen das Coronavirus und isoliert sich praktisch selbst. Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) informierte in einer Erklärung darüber, dass ab Mitternacht alle 279 Gemeinden unter Quarantäne gestellt werden. Die Heimatgemeinde dürfe nur dann verlassen werden, wenn es um die Deckung der Grundversorgung geht, um die Daseinsvorsorge oder um zur Arbeit zu kommen und dann nur zum nächsten Ort. Es ist nur eine Fahrt in den nächsten Ort erlaubt, sofern es im eigenen Ort keinen Arzt, keine Apotheke, kein Lebensmittelgeschäft oder keine Bank gibt. Dann dürfe die Gemeinde verlassen werden. "Was zum Beispiel nicht geht ist, in einen anderen Ort zu fahren, wenn im eigenen Dorf ein Lebensmittelgeschäft zur Verfügung steht", erklärte Platter.
Nicht nur Heimkehrer aus Risikoländern wie Italien, Iran etc. oder aus den unter Quarantäne gestellten Gebieten Österreichs müssen sich für 14 Tage isolieren, sondern alle, die in den letzten zwei Wochen irgendwo in Tirol waren. Dies sagte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) auf "Puls 4".
Kogler erwägt auch eine Verordnung über die Heimquarantäne für alle Tirol-Heimkehrer - darunter auch jene, die auf Anweisung des Landesregierung in ihr Heimatbundesland gereist sind.
Salzburg: Gasteinertal, Flachau und Großarl unter Quarantäne
Landeshauptmann Wilfried Haslauer hat Mittwochnachmittag verkündet, dass sowohl die Gemeinde Flachau als auch das Gasteinertal und das Großarltal unter Quarantäne gestellt werden.
Grafik von www.addendum.org
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Regierung kündigt milliardenschweres Hilfspaket an
Die Regierung hat am Mittwoch angekündigt, 38 Milliarden Euro bereitstellen zu wollen, um die Coronakrise zu bekämpfen. Hier lesen Sie die Details - und hier einen Kommentar von Andreas Koller.
Wie gehen Österreicher mit Corona um?
Der Blog zur Coronavirus-Krise:
Daten und Grafik von www.addendum.org