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"Patchwork soll einfach sein? Wer sagt das?"

Simone und Claus lieben sich, haben beide Kinder aus früheren Ehen. Am Anfang war Leichtigkeit, heute scheint das Glück oft unerreichbar.

„Patchwork ist kein Honiglecken. Aber die Familie ist das Wichtigste auf der Welt für uns. Ich hoffe, wir schaffen es.“
„Patchwork ist kein Honiglecken. Aber die Familie ist das Wichtigste auf der Welt für uns. Ich hoffe, wir schaffen es.“

Ein Neuanfang Ende 30. Die Kinder zwar noch klein, die Ehe aber oft unerträglich. "Als ich mich 2008 von meinem ersten Mann getrennt habe, war das für uns alle bestimmt nicht immer ganz einfach", erzählt Simone, die heute 51 Jahre alt ist. "Mein Ex und ich hatten uns sehr jung kennengelernt, früh unsere drei Wunschkinder bekommen. Aber irgendwann haben wir beide uns menschlich einfach in verschiedene Richtungen entwickelt." Simone bleibt mit den Kindern im Reihenhaus, "ich habe mich gut auf die drei konzentrieren und darauf achten können, dass es ihnen gut geht. Wir waren sehr, sehr eng miteinander. Sie haben den Umbruch damals gut verkraftet und sind heute tolle junge Erwachsene."

2008 trennt sich auch Claus von seiner Frau, mit der er zwei noch sehr kleine Kinder hat. Hier klappt nicht alles so reibungslos, weil seine Ex sich nicht scheiden lassen will.

Fünf Jahre später lernen Claus und Simone einander kennen, verlieben sich, wollen ein Leben zusammen. "Es hat von Anfang an super gepasst mit uns, wir waren sehr glücklich", erzählt Simone.

Aber eigentlich begannen da schon die Probleme. Wo ist gemeinsam für alle Platz? Soll Claus zu uns ziehen? Was machen wir, wenn seine Kinder am Wochenende da sind?

Jahrelang schieben sie die Antworten darauf auf, führen eine Wochenendbeziehung. Bis es 2016 auch bei Claus zur Scheidung kommt. Im Jahr darauf sagen Simone und Claus "Ja" zueinander und auch "Ja" zu einem gemeinsamen Haushalt. Gemeinsam mit Simones jüngstem Kind - die beiden größeren waren schon von daheim ausgezogen - übersiedelt Simone 2018 vom schmucken Reihenhaus in ein großes Mehrfamilienhaus, auch Claus' Schwester samt Familie und seine Eltern wohnen hier. "Das würde ich nie wieder machen, so eine Konstellation kann ich niemandem empfehlen. Claus hatte mir versprochen, dass es funktionieren würde. Aber ich habe damit meine ganze Freiheit und meine Privatsphäre aufgegeben. Und mein eigenes kleines Häuschen." Ein Schritt, den Simone nicht erst spät bereut, sondern sofort. Bereits nach einem Monat packt sie ihre Sachen und sucht für sich und ihr Kind eine Wohnung zur Kurzzeitmiete. "Ja genau, wir haben uns so kurz nach unserem Zusammenziehen schon wieder getrennt." Doch Claus kämpft um sie, sie wissen, dass sie einander lieben, aber oft reicht halt auch das nicht.

Erst der Plan, sich ein neues Heim für alle zu schaffen, mit Platz für ihre Kinder und für seine, lässt Simone neue Hoffnung schöpfen. Seit Sommer 2020 leben sie nun in ihrem gemeinsamen Traumhaus, aber meistens ist es recht leer - wenn nicht gerade am Wochenende Claus' Kinder da sind. "Ich fühle mich zwar sehr wohl hier, aber ich habe viel aufgeben müssen dafür." Ihr jüngstes Kind habe noch vor dem Einzug beschlossen, doch lieber beim Vater wohnen zu wollen. "Als ich das erfahren habe, war ich am Boden zerstört und habe Rotz und Wasser geheult. Ich weiß, es gab in den Jahren zuvor immer Konfliktpotenzial mit den Kindern von Claus, die ja beide noch im Teenageralter sind. Dadurch, dass deren Mutter die Trennung nie richtig verkraftet und akzeptiert hat, immer wieder reingegrätscht hat bei uns, gab es regelmäßig Probleme."

Mit der neuen Frau ihres Exmannes habe sie ein gutes Einvernehmen, mit der Ex ihres zweiten Mannes klappe es bis heute nicht. "Auch wenn ich wiederholt das Gespräch mit ihr gesucht hätte."

Es habe, sagt Simone, so lange gedauert, bis Claus' Kinder sie als das akzeptiert hätten, was sie eigentlich schon so lange sei: die Partnerin ihres Vaters. "Die Konflikte verliefen meist zu meinen Lasten. Ich musste stets zurückstecken. Irgendwann, nach all den Jahren als alleinerziehende Mutter, wollte ich endlich auch einmal meine Wünsche und Bedürfnisse artikulieren dürfen."

Das enge Verhältnis zu ihren drei Kindern, das Gefühl, ein starkes Team zu sein, zusammenzuhalten, komme, was wolle, so wie damals, als die Kinder noch klein waren, das vermisse sie manchmal. "Auch wenn es ganz normal ist, dass man, wenn die Kinder groß sind, nicht mehr täglich beieinander pickt. In unserer großen Patchworkfamilie scheppert es permanent. Claus und ich arbeiten ständig an unserer Beziehung. Das ist kein Honiglecken. Aber die Familie ist das Wichtigste auf der Welt für uns. Ich hoffe, wir schaffen es."