Laut epidemiologischen Untersuchungen dürften allein in der WHO-Region Europa im Zuge der SARS-CoV-2-Pandemie in den vergangenen drei Jahren rund 36 Millionen Menschen Long Covid-Symptome entwickelt haben. Oft gehören dazu auch kognitive Störungen. Britische Wissenschafter haben nun anhand von zwei Blutgerinnungsmarkern einen deutlichen Zusammenhang zu einer durch Covid-19 verstärkten Neigung zu Thrombosen als Ursache entdeckt.
Maxime Taquet von der Abteilung für Psychiatrie der Uni Oxford und seine Co-Autoren haben im Rahmen ihrer Studie eindeutige Hinweise für die Ursache von Gehirnleistungsstörungen nach akuter SARS-CoV-2-Infektion gesammelt. "Einer von acht (Covid-19-)Patienten bekommt innerhalb von sechs Monaten nach der akuten Infektion eine Diagnose von neurologischen oder psychiatrischen Problemen. Unter diesen Symptomen sind kognitive Defizite (inklusive ,Brain Fog') ganz besonders beunruhigend. Sie sind häufig und halten lange an", schildern die Autoren.
Bei der Analyse und den Nachuntersuchungen stießen die Wissenschafter auf folgende Zusammenhänge: Während der akuten Covid-19-Erkrankung im Vergleich zu dem Entzündungsmarker CRP (c-reaktives Protein) erhöhte Werte an dem Blutgerinnungsfaktor I (Fibrinogen) führte in der Folge bei Patienten häufiger zu objektiv messbaren kognitiven Störungen. Fibrinogen wird in der Leber gebildet. Erhöhte Werte im Blut deuten ebenfalls auf Entzündungsvorgänge hin, die auch die Blutgerinnung aktivieren.
Auch in einem Test für subjektiv wahrgenommene kognitive Probleme zeigten die Probanden mit erhöhten Fibrinogenwerten signifikant schlechtere Ergebnisse. Möglicherweise steht das im Zusammenhang mit der Bildung von Mikrothromben im Gehirn. Fibrinogen kann aber auch Nervenzellen im Gehirn direkt schädigen.
Der zweite Marker war D-Dimer. Dieses Protein-Fragment ist der klassische Marker für Thrombosen. Die britischen Wissenschafter entdeckten auch für erhöhte D-Dimer-Werte einen klaren Zusammenhang mit kognitiven Störungen. Die Forscher konnten die Ergebnisse in einer Analyse von mehr als 90 Millionen britischen elektronischen Krankenakten verifizieren
Die mögliche Erklärung: Höhere D-Dimer-Konzentrationen im Blut durch Covid-19 dürften das Zeichen von Thrombenbildung in kleinen Blutgefäßen der Lunge sein und auf eine längerfristig verringerte Sauerstoffaufnahme hindeuten. Das wäre wiederum eine mögliche Ursache für Erschöpfungszustände.
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass bei einem schweren Covid-19-Verlauf Arzneimittel zur Hemmung der Blutgerinnung eingesetzt werden sollten. Womöglich könne das auch Long Covid-Probleme vermeiden oder zumindest spürbar lindern.