Auf das zunehmende Problem des Walds durch Trockenstress verwies Hubert Hasenauer, Leiter des Instituts für Waldbau der Universität für Bodenkultur (Boku), anlässlich des morgigen "Tag des Waldes" in einer Aussendung: Die Temperatur auf den österreichischen Waldflächen habe seit 1960 im Schnitt um rund 1,5 Grad Celsius zugenommen. Bei wenig Schnee und Regen im Frühjahr komme es vor allem in Tieflagen bereits im April und Mai zu Trockenstress bei den Bäumen. Sei es dann auch noch von Mai bis Juli sehr warm und trocken, begünstige das den Borkenkäferbefall und die Waldbrandgefahr. "Das lässt sich vor allem in Ostösterreich bei einigen Baumarten - wie etwa der Fichte - beobachten. Mit Ausnahme der Eiche sind unsere heimischen Baumarten leider nicht für lange Trockenperioden konditioniert", so Hasenauer.
Die Fichte stand gemeinsam mit der Buche auch im Mittelpunkt der Arbeit von Barbara Beikircher vom Institut für Botanik der Universität Innsbruck. Sie nimmt im Rahmen eines vom Wissenschaftsfonds FWF geförderten Projekts am "Kranzberg Roof Experiment" teil, das Wissenschafter des Helmholtz-Zentrums München und der Technischen Universität München 2010 initiiert haben. In einem ehemaligen Wirtschaftswald bei München wurden zwölf Flächen ausgewählt, auf denen 70 bis 90 Jahre alte Buchen und Fichten wachsen.
Der Boden rund um jede dieser Flächen wurde mit einer Plane bis zu einem Meter tief umschlossen, damit seitlich kein Wasser eindringen kann. Zudem hielten automatische Dächer auf sechs dieser Teilflächen von 2013 bis 2019 Wasser vom Boden ab. Dann wurden die Dächer dauerhaft geöffnet und die Bäume wieder bewässert.
Um die Verteilung des Wassers im Inneren der Baumstämme zu erheben, nutzten die Forscher die sogenannte elektrische Widerstandstomografie. Wie sie kürzlich in zwei in den Fachjournalen "Plant Biology" und "Tree Physiology" veröffentlichten Arbeiten berichteten, zeigten Fichten eine starke Verringerung des Wassergehalts im innenliegenden Kernholz nach fünf Jahren Sommertrockenheit. Selbst ein Jahr nach Wiederbewässerung war der Stammwassergehalt der Fichten verringert. Buchen waren weniger beeinträchtigt. In einem Folgeprojekt wollen die Forscher herausfinden, ob sich die Speicher wieder füllen können. Geht das nicht, könnten bei zukünftigen Dürreereignissen Bäume früher absterben, betonen sie.
Auch die Anfälligkeit speziell der Fichten für sogenannte Embolien war bei durch Trockenheit gestressten Bäumen tendenziell höher. Solche Embolien kennt man schon lange, sie entstehen, wenn die Wassersäule in den Leitgefäßen der Bäume reißt, dabei Luft eindringt und der Wassertransport von den Wurzeln zu den Blättern dadurch zum Erliegen kommt. Das Auftreten einer solchen Embolie ist mit einem Geräusch im Ultraschallbereich verbunden, das die Forscher mit Sensoren registrierten. Bei den Fichten wurden deutlich mehr Signale verzeichnet als bei den Buchen. "Vermutlich taten sich Buchen durch ihre tiefen Wurzeln deutlich leichter, Wasser aus der Tiefe zu holen", so Beikircher in einer FWF-Aussendung.
Für Beikircher zeigen die Untersuchungsergebnisse, dass "Fichten-Monokulturen an trockenen Standorten keine Zukunft mehr haben". Abgesehen von den Untersuchungen an den älteren Bäumen im "Kranzberg Roof Experiment" hat die Biologin in einer Klimakammer dreijährige Fichten untersucht. Dabei zeigte sich, dass sich die Jungbäume bei starker, langer Trockenheit nicht mehr erholen können und absterben.
Auch Hasenauer betont, dass es der Fichte speziell in den Tieflagen zu warm und zu trocken werden wird. Für ihn ist es daher sinnvoll, an manchen Standorten nicht heimische Baumarten zu pflanzen: "Die nordwestamerikanische Douglasie ist trockenresistent und gilt als eine der aussichtsreichsten Alternativbaumarten in West- und Mitteleuropa." Auch an anderen Baumarten wie der Libanon-Kiefer, der Roteiche oder trockenresistenten Tannenarten aus der Türkei werde geforscht. "Wir können davon ausgehen, dass der zukünftige österreichische Wald, insbesondere in den Tieflagen, anders als heute aussehen wird", so der Experte.