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Der Chef des Salzburger Schlaflabors über seine Sicht auf das Schlafen und Träumen

Schlaf gut. Manuel Schabus leitet das Schlaflabor an der Universität Salzburg. Was er zu erzählen hat, ist aber gar nicht zum Gähnen.

Manuel Schabus ist Schlafforscher...
Manuel Schabus ist Schlafforscher...
...wobei Sensoren das Auslesen der Gehirnaktivität während der Nacht ermöglichen.
...wobei Sensoren das Auslesen der Gehirnaktivität während der Nacht ermöglichen.

Manuel Schabus ist Neurowissenschafter, Psychotherapeut, Psychologe und tätig in der Gehirnforschung. Sein Schlaflabor, das an der Universität Salzburg und in Hellbrunn verortet ist, so sagt er, ist das einzige dieser Art in Österreich, da es sich vor allem mit Grundlagenforschung beschäftigt. Wie Babys schlafen, was wir im Schlaf lernen und wie wir diesen mit modernen Apps verbessern können - das interessiert den Forscher. Eine solche App hat Schabus etwa mit seinem Uni-Spin-off Nukkuaa entwickelt.

Schlafprobleme: Dem Rhythmus der Natur folgen

Das Schlafen sei in unserer modernen Zeit zu einem echten Problemfeld geworden. Jeder vierte Mensch auf der Welt habe Probleme damit, sagt Schabus.
Und er hat auch Tipps parat, wie eine gute Nacht - mit möglichst friedlichen Träumen - gelingen kann. Und hier gilt: Es geht um Regelmäßigkeit, um einen guten Rhythmus. Und der sollte, wenn es irgendwie geht, durch die wichtigste und beste Uhr des Planeten vorgegeben sein: durch die Natur.

Das bedeutet: Im Idealfall stehen wir mit der Sonne auf. Und gehen schlafen, wenn es dunkel wird. Was im Hochsommer und im tiefsten Winter natürlich nicht ganz so durchzuziehen ist. Aber: Man sollte sich annähern. Denn wenn das Licht am Horizont heller wird und die Temperatur steigt, dann dauert es nicht lange, bis unser Körper kapiert: Zeit zum Aktivwerden. Und wenn es dunkelt, steigt der Melatoninspiegel und wir werden müde - außer natürlich, wir gaffen in das grell-bläuliche Licht auf unserem Smartphone oder in den Flatscreen. Man könnte dem Schlaf ein bisschen helfen, indem man abends darauf verzichtet oder zumindest Blaulichtfilter verwendet und mit Rollos für komplette Dunkelheit sorgt oder am Morgen mit automatischen, heller werdenden Tageslichtlampen aufwacht. Wobei es natürlich schon auch Morgen- und Abendtypen gibt und die Ausschüttung des Botenstoffs Melatonin nicht nur dem Licht folgt, sondern auch von unserer genetischen Programmierung abhängt.

Wie also den Träumen gelassen entgegengleiten? Schabus empfiehlt Entspannungsübungen am Abend, Sport zu treiben, aber nicht vor dem Schlafengehen, natürlich kein Koffein oder schweres Essen am Abend. So weit, so klar. Ach ja, und natürlich ist Alkohol nur eine vermeintliche Schlafhilfe: Das Gehirn wird da praktisch nur betäubt, der Schlaf wird weniger tief, und man wacht dadurch häufiger auf.

Wir träumen am ehesten von dem, was uns emotional stark bewegt

Nun also zum Träumen - was sagt der Naturwissenschafter? Jedenfalls so viel: Unser Gehirn ist nachts keineswegs ganz im Relax-Modus. "Im Traum glauben wir sehr wohl, dass das gerade die Realität ist, wir sind uns des Träumens nicht bewusst. Denn es werden, wenn wir reden, davonlaufen, etwas erleben, die gleichen Hirnregionen aktiv, die auch tagsüber arbeiten würden", sagt der Schlafforscher. Nur sei, im Allgemeinen, die Muskulatur währenddessen gelähmt, sodass wir unsere Träume nicht aktiv ausagieren. Naheliegend sei, dass wir im Traum oft "feststecken" oder wie durch Honig waten - weil unsere inaktivierten Muskeln dementsprechend wenig Rückmeldung auf die Bewegungsimpulse des Hirns geben, und diesem so den Eindruck gehemmter Bewegungsfähigkeit vermitteln.

Und auch der Realitätssinn wird erst einmal auf "Pause" gesetzt: Denn es wundert uns im Schlaf nicht, dass wir auf einmal im Bus neben Menschen mit Affenköpfen sitzen oder fliegen oder dass die Rolle unserer Schwester plötzlich von einer anderen Frau eingenommen wird und Ähnliches.

Können wir beeinflussen, was wir träumen werden? Na ja. Tatsache ist, dass das, was uns emotional stark bewegt, und zwar eher knapp vor dem Einschlafen, die höchste Chance für ein "nächtliches Revival" hat. Deshalb ist der Thriller oder Horrorfilm vor dem Zubettgehen natürlich ein tolles Rezept für eine, sagen wir mal, nicht langweilige Nacht. "Das Gehirn versucht dann dieses sinnlose Material zu verarbeiten, kann aber auf dieser Ebene nicht unterscheiden zwischen Fiktion und realen Bedrohungen, wie es sie etwa in der Steinzeit noch gegeben hat. Deshalb reagiert unser Körper auch genauso darauf, mit Stress und erhöhter Unruhe", sagt Schabus. Auch soziale Konflikte würden immer wieder im Traum auftauchen, hier biete sich eine Bühne für die Nachbearbeitung, Einordnung und Lösungssuche.
Traumdeutung? Klar, aber die sollte jeder selbst für sich machen, findet Schabus. Denn es komme immer auf den Kontext an. Und wer kennt einen denn schon besser als man selbst?