Die Musik wurde ausschließlich mit Naturinstrumenten aufgenommen, die Assoziationen an fernöstliche Klänge wachrufen. Dazu regt eine ruhige, getragene Stimme an, die Augen zu schließen und in sich hineinzuspüren: "Wenn irgendwo noch Spannungen sitzen, lassen Sie los. Lassen Sie Ihren Atem fließen. Am Ende Ihrer Wirbelsäule entsteht ein roter Punkt. Er entfaltet sich mehr und mehr, wird zu einer roten Blüte und strahlt in Ihre Beine."
Selbst wenn man die CD "Entspannung bei Schmerz" nur pflichtgemäß abhört - wie beim Schreiben dieses Berichts - kann man sich der suggestiven Kraft dieser Musik und der meditativen Anleitung nicht entziehen. Es ist gut nachvollziehbar, dass diese Musik mit Entspannungsanleitung zu "mehr Lebensqualität bei Krankheit, Schlafproblemen und vegetativen Störungen" beitragen kann.
Die CD und das entsprechende MP3-File sind schon länger auf dem Markt. Seit einiger Zeit aber können Patientinnen und Patienten des Universitätsklinikums Salzburg diese Entspannungsmusik auch direkt im Krankenbett über die Audioanlage des Hauses abhören - und damit im besten Fall in einen beruhigenden Schlaf übergleiten. "Ich kann dabei endlich einschlafen", sagen neun von zehn Schmerzpatienten. Sie bestätigen, dass sie neben der medikamentösen Schmerzbehandlung von dieser Entspannungsmusik profitieren.
Beruhigende Musik, die den Geist mit Wohlklang füllt, kann von dem bedrängenden Gedanken an den Schmerz ablenken. Das ist vielfach durch Studien erwiesen. Wer sich länger darauf einlasse, dem gehe der Klang gleichsam in Fleisch und Blut über, berichtet Franz Wendtner, Gesundheitspsychologe am Salzburger Universitätsinstitut für Klinische Psychologie und Psychoonkologie.
Viele Patientinnen und Patienten hätten die Entspannungsmusik zunächst zwei bis drei Wochen mit der meditativen Anleitung gehört. "Dann haben sich diese Gedanken so weit in Seele, Geist und Körper eingeschrieben, dass die Musik allein genügte, um diese Entspannungsreise anzutreten."
Eine der jüngsten Studien zur Wirkung einer entsprechenden Musik bei Schmerzen aus dem Jahr 2016 besagt, dass sogar Patientinnen und Patienten mit Fibromyalgie davon profitierten. Fibromyalgie ist eine chronische Erkrankung, die durch generalisierte Schmerzen der Muskulatur, des Bindegewebes und der Knochen gekennzeichnet ist. Die Behandlungsgruppe berichtete nach vier Wochen von einem statistisch signifikant geringeren Level an Schmerz und Depression.
Bereits 2014 wurde in einer Studie "ein milder bis starker Effekt" bei Menschen mit Demenz festgestellt. "Die strukturierte Musiktherapie verringerte die Unruhe von Demenzpatienten in Pflegeheimen." Sieben Studien an chirurgischen Patientinnen und Patienten ergaben ebenfalls einen positiven Effekt durch die - neben der medikamentösen Schmerztherapie - zusätzliche Anwendung von Musik zur Schmerzkontrolle in Krankenhäusern. "Die Verwendung von Musik ist eine sichere, kostengünstige und unabhängige Pflegeaktivität, die sehr einfach in die tägliche Routinepflege eingebaut werden kann", sagt Wendtner.
Den physiologischen Hintergrund erklärt der Psychoonkologe so: "Stress und Schmerz werden in den gleichen Gehirnarealen verarbeitet. Der Stress sagt uns: Es könnte etwas passieren. Der Schmerz sagt: Es ist schon etwas passiert." Durch diesen Zusammenhang im Gehirn schaukeln Stress und Schmerz einander wechselseitig hoch - oder sie verringern einander wechselseitig. Wenn es gelingt, Stress abzubauen, wird die Aktivität der entsprechenden Gehirnareale geringer, und damit auch der Schmerz.
Wendtner erläutert diesen Zusammenhang an dem kleinen Stich bei der Impfung, vor dem sich jedes Kind fürchtet. "Wenn der Arzt sagt, jetzt kommt ein kleiner Stich, der tut nicht weh, dann lenkt er die Aufmerksamkeit genau auf dieses Ereignis und erzeugt Stress - trotz seines gut gemeinten ,Das tut nicht weh'." Zielführender sei daher ein kleines Ablenkungsmanöver, das den Stress verringere, wie etwa "Schau, da draußen sitzt ein Vogerl auf dem Baum".
Der Vorstand der Salzburger Universitätsklinik III, Richard Greil, sieht entspannende Musik als eine Möglichkeit, die Umgebungsbedingungen für Patientinnen und Patienten im Krankenhaus zu verbessern. Naturgemäß seien Menschen durch eine schwere Erkrankung und durch die ungewohnte Umgebung in der Klinik einem erhöhten Stresspegel ausgesetzt. "Alles, was wir zur Verringerung dieser außergewöhnlichen Belastung tun können, trägt zum Empowerment eines Menschen in seiner Gesamtheitlichkeit bei - und damit auch zum Gesundungsprozess."
"Entspannung bei Schmerzen" ist in Apotheken als CD und
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